Ilse Helbichs unsentimentale Notate aus dem gefährdeten und umso kostbareren Leben im hohen Alter
Noch einmal hat Ilse Helbich die Notizen der letzten beiden Jahre, ihre Kommentare zum Altern, ihre Selbstbeobachtungen und Aufzeichnungen zu einem neuen Band zusammengestellt. Im Mittelpunkt steht dabei ein bestimmtes Phänomen, das die Autorin in vielen Formen und an unterschiedlichen Orten wahrnimmt und das der Titel "Schmelzungen" widerspiegelt: In ihrem hohen Alter nimmt sie den Charakter des Übergangs zwischen unterschiedlichen Lebensphasen, zwischen Erinnerungen und Träumen ganz intensiv wahr, eins geht ins andere über und verwandelt sich wie unter großer Hitze. Und ein Besuch in Dresden führt ihr noch eine andere Dimension des Schmelzens unter großer Hitze vor Augen: Die wiederaufgebaute Frauenkirche ruft ihr den ganzen unbewältigten, unbewältigbaren Komplex des Handelns ihrer Generation vor Augen, der Schuld, der Mitwisserschaft, des Mitläufertums, des Verschweigens und Verdrängens.
Wie in allen ihren so unvergleichlichen Aufzeichnungs- und Erinnerungsbüchern beweist Ilse Helbich auch in diesem Band ihre nüchterne, auf das Wesentliche gerichtete Eleganz des Schreibens. Dass diese Luzidität auch auf die Wahrheit abzielt, wird in dem Abschnitt über die verdrängten, verschwiegenen und entstellten Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit keinen Leser unberührt lassen.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Ilse Helbichs unsentimentale Notate aus dem gefährdeten und umso kostbareren Leben im hohen Alter
Noch einmal hat Ilse Helbich die Notizen der letzten beiden Jahre, ihre Kommentare zum Altern, ihre Selbstbeobachtungen und Aufzeichnungen zu einem neuen Band zusammengestellt. Im Mittelpunkt steht dabei ein bestimmtes Phänomen, das die Autorin in vielen Formen und an unterschiedlichen Orten wahrnimmt und das der Titel "Schmelzungen" widerspiegelt: In ihrem hohen Alter nimmt sie den Charakter des Übergangs zwischen unterschiedlichen Lebensphasen, zwischen Erinnerungen und Träumen ganz intensiv wahr, eins geht ins andere über und verwandelt sich wie unter großer Hitze. Und ein Besuch in Dresden führt ihr noch eine andere Dimension des Schmelzens unter großer Hitze vor Augen: Die wiederaufgebaute Frauenkirche ruft ihr den ganzen unbewältigten, unbewältigbaren Komplex des Handelns ihrer Generation vor Augen, der Schuld, der Mitwisserschaft, des Mitläufertums, des Verschweigens und Verdrängens.
Wie in allen ihren so unvergleichlichen Aufzeichnungs- und Erinnerungsbüchern beweist Ilse Helbich auch in diesem Band ihre nüchterne, auf das Wesentliche gerichtete Eleganz des Schreibens. Dass diese Luzidität auch auf die Wahrheit abzielt, wird in dem Abschnitt über die verdrängten, verschwiegenen und entstellten Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit keinen Leser unberührt lassen.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Von der ersten Zeile an faszinieren diese Geschichten durch die so unnachahmliche Schärfe von Beobachtung und Benennung.
Aktualisiert: 2023-05-11
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In ihren "Gedankenspielen über die Gelassenheit" schöpft die 1923 geborene Ilse Helbich aus ihrem großen Erfahrungsschatz und erzählt in Anekdoten Beispiele und Gegenbeispiele zu diesem Begriff.
Mit viel Weltwissen und Lebensvertrauen lässt sie uns teilhaben an dem, wovon uns in manchen Situationen manches Mal zu viel fehlt: der Gelassenheit.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Ilse Helbichs unsentimentale Notate aus dem gefährdeten und umso kostbareren Leben im hohen Alter
Noch einmal hat Ilse Helbich die Notizen der letzten beiden Jahre, ihre Kommentare zum Altern, ihre Selbstbeobachtungen und Aufzeichnungen zu einem neuen Band zusammengestellt. Im Mittelpunkt steht dabei ein bestimmtes Phänomen, das die Autorin in vielen Formen und an unterschiedlichen Orten wahrnimmt und das der Titel "Schmelzungen" widerspiegelt: In ihrem hohen Alter nimmt sie den Charakter des Übergangs zwischen unterschiedlichen Lebensphasen, zwischen Erinnerungen und Träumen ganz intensiv wahr, eins geht ins andere über und verwandelt sich wie unter großer Hitze. Und ein Besuch in Dresden führt ihr noch eine andere Dimension des Schmelzens unter großer Hitze vor Augen: Die wiederaufgebaute Frauenkirche ruft ihr den ganzen unbewältigten, unbewältigbaren Komplex des Handelns ihrer Generation vor Augen, der Schuld, der Mitwisserschaft, des Mitläufertums, des Verschweigens und Verdrängens.
Wie in allen ihren so unvergleichlichen Aufzeichnungs- und Erinnerungsbüchern beweist Ilse Helbich auch in diesem Band ihre nüchterne, auf das Wesentliche gerichtete Eleganz des Schreibens. Dass diese Luzidität auch auf die Wahrheit abzielt, wird in dem Abschnitt über die verdrängten, verschwiegenen und entstellten Erinnerungen an die Kriegs- und Nachkriegszeit keinen Leser unberührt lassen.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Die Fremde – das ist der Ort, den wir (noch) nicht kennen, ein Ort, der sowohl verführerisch als auch beängstigend wahrgenommen wird, und dessen Eroberung wir vorzugsweise der Literatur überlassen, die diese Erkundungen stellvertretend für uns durchführt.
Ilse Helbich hat mit Fremde einen Erzählungsband geschrieben, der mit dem Blick der 87jährigen die Fremde, aber auch das Fremde vermisst: es sind Geschichten, die zusammengenommen die Stationen eines Lebens abtasten, ohne wirklich autobiographisch zu sein. Rätsel und Traumata der Kindheit, beängstigende Begebenheiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden, Familie und Partnerschaft, und am Schluss das Alter – in all dem werden wir immer wieder mit Fremdem rund um uns, aber auch in uns konfrontiert. Ilse Helbich macht aus diesen so allgemeinen Themen ganz unverwechselhaft eigene, kraftvolle, farbige Erzählungen, die niemanden unberührt lassen, da sie, jenseits der Idylle und der Kette von Verlusten andererseits, mit der illusionslosen Klarsichtigkeit des Alters geschrieben sind, die nicht einmal mehr der Tapferkeit bedarf.
'Ihr helles Leben ist durchsichtig bis zum Grund, wasserklar in seiner Alltäglichkeit und durchatmet von einer ruhigen Heiterkeit', heißt es einmal, und damit sind auch die Texte selber am besten charakterisiert. Helbichs Schreiben ist von einer frappierenden Treffsicherheit, von einer von allem Unnotwendigen befreiten Klarheit, auch wenn es um Dinge geht, die sich im Atmosphärischen abspielen und sich nicht in eine Sach- und Faktensprache übersetzen lassen. Ihre knappe Prägnanz, die liebevolle Nüchternheit, Unerschrockenheit und Dezenz in einem, teilen der/m Lesenden nicht nur einiges mit über die Kunst des Schreibens, sondern, mehr noch, über die Kunst des Lebens.
Textauszug:
Manchmal nehmen sie die Enkelinnen mit ins Kino. Nachher haben die beiden viel zu lachen: in den beiläufigen Bemerkungen und nachher, als sie gelernt hat, auf der Hut zu sein im Kreuzverhör, entdecken die Mädchen, daß die Alte den schnellgeschnittenen Film ja gar nicht verstanden hat. Sie hat einen anderen Film gesehen als die anderen, weil sie aus den Dialogfetzen, die durch ihre Schwerhörigkeit drangen und aus den Bildern, die ihre trüben Augen zu erkennen glaubten, sich ihre eigene Geschichte zusammengedichtet hat, und diese Geschichte scheint den beiden lustiger und vertrackter als die eigentliche. Sie glaubt jedoch im Lachen der Mädchen etwas mitzuhören von dem Einverständnis, mit dem sich die Heranwachsenden noch einmal der Tiefe der Märchen anvertrauen.
Was die Mädchen erheitert, macht jedoch der alten Frau auch Angst, wenn sie am Flußrand lange den großen Vogel beobachtet, der da reglos abwartet – ist also der Wintervogel, der Reiher, schon aus dem Norden gekommen?
Sie steht und schaut, und als sie endlich zwei, drei Schritte tut und sich ihr Blickfeld verschiebt, ist es ein schwarzer Baumklotz, der aus dem Wasser schaut.
Aber sie sieht auch Himmel in zarten Abendfarben, die sie so nie kannte, und sie sieht feinverwobene Nebelgespinste, wo früher Äste waren. In einer neuen Welt.
Sie weiß nicht, ist sie eine Entfremdete? Oder eine Hineingeborene?
Und ihr helles Leben ist durchsichtig bis zum Grund, wasserklar in seiner Alltäglichkeit und durchatmet von einer ruhigen Heiterkeit.
Wasserklar.
So stört es nicht allzu sehr, daß an manchen Tagen die Knochen schmerzen und an anderen das störrische Herz nicht mehr recht will, dergleichen dringt nicht in die Tiefe. Und Wasser kann man nicht schneiden.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Die Essenz von Ilse Helbichs schriftstellerischer Arbeit: ihre Gedichte.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Von der ersten Zeile an faszinieren diese Geschichten durch die so unnachahmliche Schärfe von Beobachtung und Benennung.
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Die Fremde – das ist der Ort, den wir (noch) nicht kennen, ein Ort, der sowohl verführerisch als auch beängstigend wahrgenommen wird, und dessen Eroberung wir vorzugsweise der Literatur überlassen, die diese Erkundungen stellvertretend für uns durchführt.Ilse Helbich hat mit Fremde einen Erzählungsband geschrieben, der mit dem Blick der 87jährigen die Fremde, aber auch das Fremde vermisst: es sind Geschichten, die zusammengenommen die Stationen eines Lebens abtasten, ohne wirklich autobiographisch zu sein. Rätsel und Traumata der Kindheit, beängstigende Begebenheiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden, Familie und Partnerschaft, und am Schluss das Alter – in all dem werden wir immer wieder mit Fremdem rund um uns, aber auch in uns konfrontiert. Ilse Helbich macht aus diesen so allgemeinen Themen ganz unverwechselhaft eigene, kraftvolle, farbige Erzählungen, die niemanden unberührt lassen, da sie, jenseits der Idylle und der Kette von Verlusten andererseits, mit der illusionslosen Klarsichtigkeit des Alters geschrieben sind, die nicht einmal mehr der Tapferkeit bedarf.'Ihr helles Leben ist durchsichtig bis zum Grund, wasserklar in seiner Alltäglichkeit und durchatmet von einer ruhigen Heiterkeit', heißt es einmal, und damit sind auch die Texte selber am besten charakterisiert. Helbichs Schreiben ist von einer frappierenden Treffsicherheit, von einer von allem Unnotwendigen befreiten Klarheit, auch wenn es um Dinge geht, die sich im Atmosphärischen abspielen und sich nicht in eine Sach- und Faktensprache übersetzen lassen. Ihre knappe Prägnanz, die liebevolle Nüchternheit, Unerschrockenheit und Dezenz in einem, teilen der/m Lesenden nicht nur einiges mit über die Kunst des Schreibens, sondern, mehr noch, über die Kunst des Lebens.Textauszug:Manchmal nehmen sie die Enkelinnen mit ins Kino. Nachher haben die beiden viel zu lachen: in den beiläufigen Bemerkungen und nachher, als sie gelernt hat, auf der Hut zu sein im Kreuzverhör, entdecken die Mädchen, daß die Alte den schnellgeschnittenen Film ja gar nicht verstanden hat. Sie hat einen anderen Film gesehen als die anderen, weil sie aus den Dialogfetzen, die durch ihre Schwerhörigkeit drangen und aus den Bildern, die ihre trüben Augen zu erkennen glaubten, sich ihre eigene Geschichte zusammengedichtet hat, und diese Geschichte scheint den beiden lustiger und vertrackter als die eigentliche. Sie glaubt jedoch im Lachen der Mädchen etwas mitzuhören von dem Einverständnis, mit dem sich die Heranwachsenden noch einmal der Tiefe der Märchen anvertrauen.Was die Mädchen erheitert, macht jedoch der alten Frau auch Angst, wenn sie am Flußrand lange den großen Vogel beobachtet, der da reglos abwartet – ist also der Wintervogel, der Reiher, schon aus dem Norden gekommen?Sie steht und schaut, und als sie endlich zwei, drei Schritte tut und sich ihr Blickfeld verschiebt, ist es ein schwarzer Baumklotz, der aus dem Wasser schaut.Aber sie sieht auch Himmel in zarten Abendfarben, die sie so nie kannte, und sie sieht feinverwobene Nebelgespinste, wo früher Äste waren. In einer neuen Welt.Sie weiß nicht, ist sie eine Entfremdete? Oder eine Hineingeborene?Und ihr helles Leben ist durchsichtig bis zum Grund, wasserklar in seiner Alltäglichkeit und durchatmet von einer ruhigen Heiterkeit. Wasserklar.So stört es nicht allzu sehr, daß an manchen Tagen die Knochen schmerzen und an anderen das störrische Herz nicht mehr recht will, dergleichen dringt nicht in die Tiefe. Und Wasser kann man nicht schneiden.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Ilse Helbichs Bilder und Geschichten aus einer versunkenen Welt: das seltene Glück der in der Erinnerung aufgehobenen Vergangenheit.
Bartbinden, Spucknäpfe in den Wartezimmern, Beethoven-Büsten aus Gips, der wöchentlich ins Haus liefernde Eismann, der Laternenanzünder: Ilse Helbich, 1923 in Wien geboren, erinnert sich an Gegenstände, Berufe und gesellschaftliche Verkehrsformen, die längst untergegangen sind. Nicht nur die verhassten Sonntagsspaziergänge im Kreis der ganzen Familie, auch die heimlichen Ausflüge in die unheimlichen Terrains der Barackensiedlungen und anderer sozial fremder Umgebungen nehmen in diesem Panorama Gestalt an. Ohne Nostalgie, ohne Verharmlosung formen diese Erinnerungen nach und nach ein umfassendes Bild einer Wiener Kindheit, einer Mädchen-Kindheit, wachsen sich zu einem großbürgerlichen Familienbild aus und öffnen sich, mit den 30er Jahren, allmählich den politischen Schrecken des Nationalsozialismus.
So wie man die Häuser des versunkenen Vineta nur bei ganz ruhiger, klarer See erblicken kann, so ist auch große Ruhe und Klarheit des Geistes Voraussetzung für derart präzise, plastische und intensive Bilder. Ilse Helbichs Empathie, ihr distanziert anteilnehmender Blick auf das Mädchen, das sie einmal war, bedeuten einen großen Gewinn für jeden Leser – und ihre Kunstfertigkeit im Umgang mit den hellen und dunklen Farben ihrer Geschichten ist ungetrübtes Leseglück.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Berichte einer furchtlosen und stilsicheren Reisenden aus dem unbekannten Land des hohen Alters: Die fast 90jährige Ilse Helbich gewährt in ihrem neuen Buch einerseits Einblicke in die Werkstatt der Schriftstellerin, in das Arbeiten der Sätze und Gedanken, andererseits in den Alltag eines Menschen, der mit den Behinderungen und den besonderen Umständen des hohen Alters konfrontiert ist.
Unnachahmlich ist die innere Heiterkeit dieser Aufzeichnungen, eine Gelassenheit und eine ruhige, wache Neugier, die auch alle anderen Texte von Ilse Helbich charakterisieren und an buddhistische Weltsicht denken lassen. Egal, ob sie von einem Arztbesuch spricht, von einer Reise ans Meer, die sie mit ihrer Familie unternimmt, von den Regeln ihres Alltags oder von der Natur, die sie nunmehr mit ungeahnter Intensität wahrnimmt: ihre Sätze sind von einer Leichtigkeit im Festhalten des Schweren, die man selten findet.
Hin und wieder verdichten sich die kleinen Tagesnotizen zu größeren Essays, mit den Überschriften 'Vom Schreiben', 'Von der Langeweile' und 'Vom Anderen', und diese Notate gehören zum Schönsten, was Ilse Helbich ihren Lesern anzubieten hat. Aufmerksamkeit und Aufrichtigkeit, Zurückhaltung und Furchtlosigkeit sind die Merkmale dieser Prosa, der die Beschwerlichkeit ihrer Niederschrift nicht im mindesten mehr anzumerken ist.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Von der ersten Zeile an faszinieren diese Geschichten durch die so unnachahmliche Schärfe von Beobachtung und Benennung.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Die Geschichte einer Frau, die sich mit über 60, entgegen aller Vernunft und entgegen dem wohlmeinenden Freundesrat, einen ›Herzenswunsch‹ erfüllt: Sie kauft ein altes Haus.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Mit einer erstaunlichen Leichtigkeit skizziert die 100-jährige Ilse Helbich Leben, Land und Leute.
Aktualisiert: 2023-05-11
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In ihrem neuen Buch, "Anderswohin", verbindet die 98-jährige Ilse Helbich persönliche Erinnerungen, Selbstreflexionen, philosophische Sequenzen sowie protokollierte Gedankengänge.
"Anderswohin" trägt etwas Lustvolles in sich: das Lustvolle im Schreiben, sogar im Streiten, im Sinnieren und Teilhaben an eigenen Gedanken, im Erinnern – selbst fremde Erlebnisse können alte, verborgene Erinnerungen bei der Autorin hervorrufen. Das Buch besticht in all seiner Vielfalt und Intimität. Im Epilog heißt es passend:
»Dieses Buch ist, von außen und vor allem auch aus einiger Entfernung betrachtet, gewiss ein sonderbares Werk. Als wären es lauter einzelne Stücke, Bruchstücke, wahllos zusammengeworfen und hervorgewachsen aus verschiedenartigen Gemütszuständen und ohne Ziel. Man muss jedoch eintreten in diesen Text und drinnen stehen und schließlich sich forttragen lassen von einer unterirdischen Strömung, aus dem Hiersein fort in ein Jenseits, das ich nicht kenne.«
Aktualisiert: 2023-05-11
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Die Fremde – das ist der Ort, den wir (noch) nicht kennen, ein Ort, der sowohl verführerisch als auch beängstigend wahrgenommen wird, und dessen Eroberung wir vorzugsweise der Literatur überlassen, die diese Erkundungen stellvertretend für uns durchführt.
Ilse Helbich hat mit Fremde einen Erzählungsband geschrieben, der mit dem Blick der 87jährigen die Fremde, aber auch das Fremde vermisst: es sind Geschichten, die zusammengenommen die Stationen eines Lebens abtasten, ohne wirklich autobiographisch zu sein. Rätsel und Traumata der Kindheit, beängstigende Begebenheiten auf dem Weg zum Erwachsenwerden, Familie und Partnerschaft, und am Schluss das Alter – in all dem werden wir immer wieder mit Fremdem rund um uns, aber auch in uns konfrontiert. Ilse Helbich macht aus diesen so allgemeinen Themen ganz unverwechselhaft eigene, kraftvolle, farbige Erzählungen, die niemanden unberührt lassen, da sie, jenseits der Idylle und der Kette von Verlusten andererseits, mit der illusionslosen Klarsichtigkeit des Alters geschrieben sind, die nicht einmal mehr der Tapferkeit bedarf.
'Ihr helles Leben ist durchsichtig bis zum Grund, wasserklar in seiner Alltäglichkeit und durchatmet von einer ruhigen Heiterkeit', heißt es einmal, und damit sind auch die Texte selber am besten charakterisiert. Helbichs Schreiben ist von einer frappierenden Treffsicherheit, von einer von allem Unnotwendigen befreiten Klarheit, auch wenn es um Dinge geht, die sich im Atmosphärischen abspielen und sich nicht in eine Sach- und Faktensprache übersetzen lassen. Ihre knappe Prägnanz, die liebevolle Nüchternheit, Unerschrockenheit und Dezenz in einem, teilen der/m Lesenden nicht nur einiges mit über die Kunst des Schreibens, sondern, mehr noch, über die Kunst des Lebens.
Textauszug:
Manchmal nehmen sie die Enkelinnen mit ins Kino. Nachher haben die beiden viel zu lachen: in den beiläufigen Bemerkungen und nachher, als sie gelernt hat, auf der Hut zu sein im Kreuzverhör, entdecken die Mädchen, daß die Alte den schnellgeschnittenen Film ja gar nicht verstanden hat. Sie hat einen anderen Film gesehen als die anderen, weil sie aus den Dialogfetzen, die durch ihre Schwerhörigkeit drangen und aus den Bildern, die ihre trüben Augen zu erkennen glaubten, sich ihre eigene Geschichte zusammengedichtet hat, und diese Geschichte scheint den beiden lustiger und vertrackter als die eigentliche. Sie glaubt jedoch im Lachen der Mädchen etwas mitzuhören von dem Einverständnis, mit dem sich die Heranwachsenden noch einmal der Tiefe der Märchen anvertrauen.
Was die Mädchen erheitert, macht jedoch der alten Frau auch Angst, wenn sie am Flußrand lange den großen Vogel beobachtet, der da reglos abwartet – ist also der Wintervogel, der Reiher, schon aus dem Norden gekommen?
Sie steht und schaut, und als sie endlich zwei, drei Schritte tut und sich ihr Blickfeld verschiebt, ist es ein schwarzer Baumklotz, der aus dem Wasser schaut.
Aber sie sieht auch Himmel in zarten Abendfarben, die sie so nie kannte, und sie sieht feinverwobene Nebelgespinste, wo früher Äste waren. In einer neuen Welt.
Sie weiß nicht, ist sie eine Entfremdete? Oder eine Hineingeborene?
Und ihr helles Leben ist durchsichtig bis zum Grund, wasserklar in seiner Alltäglichkeit und durchatmet von einer ruhigen Heiterkeit.
Wasserklar.
So stört es nicht allzu sehr, daß an manchen Tagen die Knochen schmerzen und an anderen das störrische Herz nicht mehr recht will, dergleichen dringt nicht in die Tiefe. Und Wasser kann man nicht schneiden.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Die Essenz von Ilse Helbichs schriftstellerischer Arbeit: ihre Gedichte.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Ilse Helbich erzählt in ihrem autobiographisch gefärbten Text »Das Haus« die Geschichte einer Frau, die sich mit über 60, entgegen aller Vernunft und entgegen dem wohlmeinenden Freundesrat, einen ›Herzenswunsch‹ erfüllt: Sie kauft ein altes Haus. Es ist beinahe Liebe auf den ersten Blick – und das, obwohl das Haus in einem Dorf und in einer Gegend liegt, in die sie eigentlich nicht ziehen wollte. Mehr noch: Es ist baufällig und feucht, und für sie das Schlimmste: Es ist durch lieblose Umbauten und pragmatische Modernisierungen über Generationen komplett verunstaltet. Und doch kauft sie dieses 'verletzte' Haus mit seinem 'verwilderten' Garten. Diese Worte sagen viel über die Autorin und ihre Prosa: Ilse Helbich beschreibt Haus und Garten als geschundene Kreaturen, denen sie ihre ursprüngliche Form und Würde zurückgeben will. Zunächst mit Taten und später, indem sie dieses Buch schreibt, mit Worten. Dabei ist viel vom 'Hineinwachsen', 'Herausschälen', 'Entfalten' die Rede. Der Bericht vom allmählichen Entstehen des Hauses, von den behutsamen Annäherungen an einzelne Nachbarn, ja auch die gemeinsam erlebte Flutkatastrophe, die die Fundamente des neuen Heims buchstäblich zu unterspülen droht, ist in seiner geradlinigen Schmucklosigkeit von ungeheurer Spannung. Und erreicht dort, wo die wortlose Einsamkeit, die sich gnadenlos verringernde Zukunft im Genuss der Natur und des Augenblicks sichtbar werden, eine weit über das Erzählte hinausgehende Bedeutung.Ilse Helbich, die erst mit 80 ihren ersten Roman publizierte, besitzt ein ganz außergewöhnliches Talent, das Wesentliche zu formulieren, einen fast buddhistischen Sinn für Konzentration und Leere.
Aktualisiert: 2023-05-11
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Berichte einer furchtlosen und stilsicheren Reisenden aus dem unbekannten Land des hohen Alters: Die fast 90jährige Ilse Helbich gewährt in ihrem neuen Buch einerseits Einblicke in die Werkstatt der Schriftstellerin, in das Arbeiten der Sätze und Gedanken, andererseits in den Alltag eines Menschen, der mit den Behinderungen und den besonderen Umständen des hohen Alters konfrontiert ist.Unnachahmlich ist die innere Heiterkeit dieser Aufzeichnungen, eine Gelassenheit und eine ruhige, wache Neugier, die auch alle anderen Texte von Ilse Helbich charakterisieren und an buddhistische Weltsicht denken lassen. Egal, ob sie von einem Arztbesuch spricht, von einer Reise ans Meer, die sie mit ihrer Familie unternimmt, von den Regeln ihres Alltags oder von der Natur, die sie nunmehr mit ungeahnter Intensität wahrnimmt: ihre Sätze sind von einer Leichtigkeit im Festhalten des Schweren, die man selten findet.Hin und wieder verdichten sich die kleinen Tagesnotizen zu größeren Essays, mit den Überschriften 'Vom Schreiben', 'Von der Langeweile' und 'Vom Anderen', und diese Notate gehören zum Schönsten, was Ilse Helbich ihren Lesern anzubieten hat. Aufmerksamkeit und Aufrichtigkeit, Zurückhaltung und Furchtlosigkeit sind die Merkmale dieser Prosa, der die Beschwerlichkeit ihrer Niederschrift nicht im mindesten mehr anzumerken ist.
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In ihren "Gedankenspielen über die Gelassenheit" schöpft die 1923 geborene Ilse Helbich aus ihrem großen Erfahrungsschatz und erzählt in Anekdoten Beispiele und Gegenbeispiele zu diesem Begriff.
Mit viel Weltwissen und Lebensvertrauen lässt sie uns teilhaben an dem, wovon uns in manchen Situationen manches Mal zu viel fehlt: der Gelassenheit.
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