Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
„barmherzig werden bedeutet zu lernen, mutig zu sein in der konkreten und selbstlosen Liebe.“ So twitterte Papst Franziskus am 2. April 2016 im Tweet@Pontifex_de. Dass der Papst auch hier die modernen Netzwerke nutzt,
unterstreicht einmal mehr, wie sehr ihn die Sorge um einen menschenwürdigen, selbstlos liebenden Umgang mit allen Menschen umtreibt.
Am 11. April 2015, dem Vorabend des Barmherzigkeitssonntags, hatte Papst Franziskus im Petersdom die Verkün- digungsbulle Misericordiae vultus (Das Antlitz der Barm- herzigkeit) verlesen lassen und damit das Kernanliegen jesuanischer Botschaft als Herausforderung für Christinnen und Christen heute formuliert: „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“ (Lk 6,36). Zeugnis geben von der Barmherzigkeit des Vaters: das ist es, worum es vom 8. Dezember 2015 bis zum 20. November 2016 im Jahr der Barmherzigkeit geht, das Papst Franziskus ausgerufen hat. Es wundert also nicht, dass auch die Tage der Religionslehrerinnen und Religionslehrer mit Erzbischof Stephan Burger im Herbst 2016 unter dem Leitgedanken Barmherzigkeit öffnet das Herz stehen. Denn auch Religionslehrerinnen und Religionslehrer sind Zeuginnen und Zeugen dieser Botschaft, was Susanne Orth, Leiterin der Abteilung Bildung im Erzbischöflichen Ordinariat, in ihrem einleitenden Schreiben zu diesen Fortbildungstagen unterstreicht.
„Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“ (Lk 6,36)
– diesem provokanten Anliegen Jesu widmet sich die vorliegende Frühjahrsausgabe von I&M unter dem Titel
#Barmherzigkeit und entfaltet es sowohl in theologischen wie auch unterrichtspraktischen Beiträgen:
Nach einem deutenden Blick auf das Titelbild Jona unter dem Rizinusstrauch, mit dem Maria Jakobs zugleich einen ersten Einstieg in die Auseinandersetzung mit der Frage nach der Barmherzigkeit Gottes eröffnet, verdeutlicht das Interview mit Pater Bernd Hagenkord SJ, welch große Bedeutung barmherziges Handeln für Papst Franziskus hat. Aus neutestamentlicher Perspektive erläutert Thomas Söding verschiedene Formen der Barmherzigkeit und ihr Spannungs- und Wechselverhältnis zum Begriff der Gerechtigkeit; barmherzige Lebensgestaltung bedürfe ständiger Übung. Während Bernd Feininger in seinem Aufsatz die Ausprägung und Verkündigung der Barmherzigkeit Gottes im Ersten Testament darlegt, erläutert Mouhanad Khorchide, wie sehr auch der Islam vom Ver- trauen in Gott als Allerbarmer geprägt ist. Der zweite Teil enthält vier praktische Umsetzungsbeispiele religionspädagogischer Zugänge für Kindergarten, Grund- schule und Sekundarstufe I sowie zur sonderpädagogischen Bildung:
Heike Helmchen-Menke führt aus, wie Barmherzigkeit bereits Kindern im Vorschulalter überzeugend vermittelt werden kann. Bettina Tröndle zeigt in ihrer Lernsequenz zur Jona-Erzählung, wie sich Schülerinnen und Schüler der zweiten Klassenstufe in der Auseinandersetzung mit den Erfahrungen dieses Propheten erschließen können, was barmherziges Verhalten und Handeln ausmacht. Maria Weber legt für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangs- stufen 7–9 einen Entwurf mit dem Titel #Barmherzigkeit
vor. Mit Hilfe von Fotografien und Meditationstexten sowie der Erarbeitung von Tweets zielt die Lernsequenz auf die praktische Umsetzung barmherzigen Handelns. Der Beitrag von Brigitte Muth-Detscher beinhaltet didaktische Überle- gungen und methodische Vorschläge zur Erarbeitung des Gleichnisses vom barmherzigen Vater (Lk 15,11–32) für den inklusiven Unterricht in den Klassen 7–9.
Linktipps von Jonas Müller und Medienhinweise von Josef Gottschlich runden die Publikation ab.
Der Barmherzigkeit ein Gesicht geben, Zeugen der Barmherzigkeit werden, gerade heute – das ist Herausforderung und Hoffnung zugleich. Die Beiträge von #Barmherzigkeit wollen Sie ermutigen, die Auseinandersetzung mit dieser Thematik zusammen mit den Schülerinnen und Schülern in Ihrem Unterricht anzunehmen. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre und beim Erproben der Lernimpulse im Religionsunterricht viel Freude und gutes Gelingen.
Aktualisiert: 2018-11-21
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Wie kann es gelingen, dass religiöse Lernprozesse wirksam werden? Wie können sich Kinder und Jugendliche Inhalte aneignen und Erfahrungen machen, so dass diese ihnen im Gedächtnis und im Herzen bleiben? Schülerinnen und Schüler lernen wirksam, wenn die Unterrichtsprinzipien der Eigenverantwortung, Differenzierung und Individualisierung so weit als möglich berücksichtigt und angewandt werden.
Das vorliegende Heft sammelt pädagogische und theologisch-didaktische Denkanstöße, die im Informationsteil (I) aus unterschiedlichen Perspektiven diese Thematik reflektieren. So entfaltet Werner Wiater in seinem einleiten- den Aufsatz den Zusammenhang von Selbsttätigkeit und Selbständigkeit und Brigitte Muth-Detscher verweist auf das didaktische Modell des Lernens am gemeinsamen Gegenstand von Georg Feuser sowie auf die Beschrei- bung integrativer Lernsituationen von Hans Wocken. Joachim Kittel setzt sich schließlich unter dem Titel Den Grund berühren mit der Bedeutung der Selbstkompetenz für das religiöse Lernen von Schülerinnen und Schülern auseinander.
Im daran anschließenden, eher praxisorientierten Informationsteil erläutern Bettina Schmid-Reinhoffer und Bernd Reinhoffer am Beispiel der Josefsgeschichte (Genesis 37–50) die Methode der Jeux Dramatiques. Diese Art des szenischen Ausdrucksspiels, die nahezu ohne Sprache auskommt, dokumentiert eindrucksvoll einen Religionsunterricht, der auch in inklusiven Lerngruppen alle Schülerinnen und Schüler am Gesche- hen teilhaben lässt und ihnen in einem größtmöglichen Rahmen selbsttätiges und selbständiges Lernen ermöglicht. Dass für diese Art des Unterrichtens wesentliche Impulse bereits im Elementarbereich gegeben werden können, erläutert Heike Helmchen-Menke in ihrem Beitrag zum Freispiel in Kindertagesstätten.
Der Materialteil (M) in diesem Heft besteht aus zwei zentralen Elementen: Nicola Sand gibt eine theoretische Einführung in die Dramapädagogik und stellt einige dramapädagogische Elemente für den Religionsunterricht mit Grundschulkindern vor. In einer Lernsequenz mit zwölf Unterrichtsmodulen wenden Josef Gottschlich, Joachim Kittel und Brigitte Muth-Detscher das didaktische Prinzip des Lernens am gemeinsamen Gegenstand auf ein Beispiel für inklusiven Religionsunterricht der vierten bis sechsten Jahrgangsstufe an. Inhaltlich stehen dabei Mirjam Presslers Nacherzählung der Ringparabel aus Gotthold Ephraim Lessings Drama Nathan der Weise und die Goldene Regel (Matthäus 7,12) im Mittelpunkt, um mit Schülerinnen und Schülern interreligiöses Lernen einzuüben.
Buchbesprechungen von Joachim Kittel, Rezensionen zu zwei Dokumentarfilmen über Flüchtlingskinder, Linktipps durch Jonas Müller sowie Informationen zur diesjährigen Herbstausstellung im Karl- Rahner-Haus unter dem Motto Vergiss deine Träume nicht runden die Publikation ab.
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre sowie viel Freude bei der Erprobung und Anwendung der Lernimpulse im Religionsunterricht.
Aktualisiert: 2018-11-21
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