Seneca will seinen jüngeren Freund Lucilius mit den Göttern versöhnen, denn dieser kann nicht verstehen, warum guten Menschen so viel Leid widerfahre, während schlechte alle Annehmlichkeiten des Lebens genießen können, und klagt dafür die göttliche Vorsehung an. Um ihm das planvolle Walten der Vorsehung verständlich zu machen, vergleicht er die Götter mit strengen Vätern, denn sie erziehen gute Menschen recht hart, um sie stark und gottähnlich zu machen.
Seneca sieht sich selbst in der Rolle des strengen Vaters und bezieht den Lucilius in seine Betrachtung mit ein. Bevor er mit seiner eigentlichen Argumentation beginnt, gibt er dem Lucilius etwas zu bedenken: "cogita filiorum nos modestia delectari, vernularum licentia, illos disciplina tristiori contineri, horum ali audaciam".
Die hier zitierten Übersetzungen dieser Textstelle lassen für Seneca das Bild eines Vaters entstehen, der seine eigenen Söhne mit strenger Disziplin im Zaume hält und sich an deren Bescheidenheit erfreut, den im Haus geborenen Sklavenkindern aber wohlwollend Freiheiten gewährt, deren Entwicklung zu Dreistigkeit und respektlosem Verhalten er willentlich fördert, bzw. billigend in Kauf nimmt; die Schlechten, auf deren vermeintliches Glück Lucilius mit Unverständnis schaut, finden dabei keine Erwähnung.
Eine semantische Analyse der sinntragenden Wörter dieser Textpassage auf der Grundlage von Senecas philosophischen Schriften ermöglicht eine Neuinterpretation, die eine andere Botschaft an Lucilius deutlich werden lässt: gute und strenge Väter erziehen ihre Söhne zu einem Leben nach dem Maße Gottes ("modestia"); sie halten sie frühzeitig zum Lernen und Arbeiten an, mit vielen Zumutungen, die den Sklavenkindern erspart bleiben; schlechte Menschen dagegen verharren in ihrer korrupten Geisteshaltung ("disciplina tristiori") als Sklaven ihrer Affekte und Begierden, welche sie das Maß der göttlichen Vernunft vergessen lassen. Seneca stellt diese auf eine so niedere sittliche Stufe, dass ein Sklave, sollte er zur Freiheit seines Geistes gelangt sein, auf sie herabschauen müsste.
Aktualisiert: 2021-10-21
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In Senecas 123. Brief zeigt sich die Problematik des Interpunktierens antiker Texte. Dort lässt Seneca beispielhaft das Volk sprechen („Vulgusrede“, § 11), indem er das Gerede der Leute entsprechend seiner eigenen Wahrnehmung bei seinen Zeitgenossen wörtlich wiedergibt: wie mit einer Stimme legen diese ihre erbärmlich-hedonistische Lebenseinstellung gegenüber einem in der 2. Person Angesprochenen dar und geben sich bestrebt, ihre Vorstellung von gutem Leben auch für ihr Gegenüber verbindlich zu machen.
Es folgt darauf eine Textpassage von 22 Wörtern, die durch Interpunktion als Teil dieser Rede interpretiert worden ist. Diese Worte sind Ausdruck von Empörung gegenüber moralisch belehrenden Personen (paedagogi); sie enthalten eine Aufforderung, diese zu verachten und einen Appell an den Entscheidungswillen eines Angesprochenen.
An dieser Stelle entsteht für den Leser, sofern er das Anführungszeichen am Ende der Textpassage beachtet hat, ein Eindruck von sprachlicher und inhaltlicher Unstimmigkeit; diese aufzulösen ist der Anspruch der vorliegenden Arbeit. Eine stilistische Analyse und eine umfassende semantische Untersuchung der sinntragenden Wörter dieser zur Diskussion stehenden Textpassage auf der Grundlage aller philosophischen Schriften Senecas führen zu dem Ergebnis, dass diese 22 Wörter nicht Teil der Vulgusrede sein können, sondern dass vielmehr der Philosoph Seneca selbst sich hier mit aufrüttelnden Worten an seinen Leser wendet.
Aktualisiert: 2021-05-04
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