Vorwort des Herausgebers Michael Domas
Der Spott, es gäbe bei der Lyrik mehr Produzenten als Konsumenten, klingt zwar plausibel für Dichter und Dichterinnen, die etwas in der Schublade haben, ist aber falsch: In meinem Heimatforum gedichte.com, in dem ich manche der hier versammelten Autoren kennengelernt habe, kommen in den unterschiedlichen Rubriken auf ein Gedicht durchschnittlich vier bis fünf Kommentare und oft hunderte, ja manchmal einige tausend Klicks. Die meisten Gedichte, nämlich 28 547 (Stand Okt. 2013) finden sich in der Rubrik ›Liebe und Romantik‹, und 3 231 unter ›Erotik‹ – da ist die Kommentarquote sogar 7:1! Bleiben wir also (wenn auch eher ohne ›Romantik‹) bei der schon immer vielbedichteten ›Liebe‹, um der Lyrik im Jahre 2013 zuleibe zu rücken. Deren Zustand ist natürlich kritisch – wie sollte es bei moderner, ernstzunehmender Kunst anders sein? Das aber ficht die meisten ›user‹ in den Foren nicht an. Als hätte es die Brüche und Umbrüche der Moderne nie gegeben, reimen sie weiterhin ›Herz‹ auf ›Schmerz‹ und besingen die Liebe unverdrossen bukolisch und in floralen, astrologischen … , kurzum in den »gedichte«-typischen Metaphern. Aber es gibt dort auch andere Autoren, die die überkommenen Schemen und insbesondere den Reim hinter sich gelassen haben – oder sich all dessen bedienen, um alte Schläuche mit neuem Wein zu füllen. Bleiben wir also beim Reim, denn kaum eine andere Frage wie die, ob er noch erlaubt sei, endet so zuverlässig in ausufernden und freundschaftszerstörenden Debatten über Konstruktion und Dekonstruktion in der modernen Kunst. Nur hat das Publikum, ob lyrikaffin oder nicht, nun einmal den Wunsch nach Gereimtem. Not und Nachfrage machen deshalb erfinderisch, und so werden alle Verdikte umgangen oder widerlegt, indem artistisch und/oder ironisch alles bisher Dagewesene an End-, Doppel-, Haufen- und Binnenreimen getoppt wird; oder indem einer alten Form, vorzugsweise dem Sonett, etwas Neues, oft Verspieltes oder Selbstbezügliches abgewonnen wird; oder indem sich jemand einen Reim macht auf die vielen Neologismen, insbesondere Anglizismen, die uns tagtäglich um die Ohren fliegen; oder indem frisch von der Bühne weg sich die slam-poetry in Orgien von Gleich- und Ähnlichlautungen steigert, ohne sich sonderlich um die poetical correctness der Theoretiker und Puristen zu scheren. Für alle diese Lösungen des Reimereiproblems enthält die vorliegende Anthologie Beispiele, die ihren Zweck erfüllt hätten, wenn's am Ende hieße: Gibt es denn überhaupt ein Problem?
Nein, gibt es nicht! – Es gibt nur gute oder schlechte Gedichte, und in dieser Anthologie gibt es nur gute, hoffe ich.
Unter anderem solche, die sich wie gereimt lesen, bei denen aber in der dritten Strophe auffällt, dass sie's gar nicht sind. Und solche, die weder Reim noch Metrum brauchen, um deutlich ein Gedicht zu sein, und zwar nicht, weil da einer lediglich die Zeilen willkürlich umgebrochen hat. Es gibt Gedichte hier, die sich beim ersten Lesen zu erschließen scheinen, und scheinbar spröde, die sich erst dem Neugierigen öffnen. Manche Gedichte sind witzig, besser: gewitzt, und zielen auf Pointen – auch ein probates Mittel, den Pathos- und Formverboten zu trotzen. Der Anspruch dieser Kompilation ist es jedenfalls, Gedichte zu versammeln, die auch bei näherem Kennenlernen nicht langweilen. Die Bandbreite aktueller Lyrik einigermaßen repräsentativ zu zeigen, wird dabei möglich durch die Vielfalt der Autoren. Deren Alter reicht von 19 bis 72 Jahre, Amateure sind dabei (im Autorenverzeichnis oft kenntlich durch den forenüblichen nickname) und Profis, Slampoeten und Schriftdichter, Gelegenheitswerker und Monomanen. Ganz nebenbei wird damit auch eine Soziologie der Liebe im 21. Jahrhundert geliefert (welche alle drei ebenfalls in der Krise stecken, die Soziologie, die Liebe und das Jahrhundert). Genug des Vorworts. Wenn ich mich auf ein Gedicht einlasse, sei es ein trauriges oder ein lustiges, fordere ich doch immer eines: Es soll ein Kleinod sein und mir Freude machen.
Aktualisiert: 2020-05-28
Autor:
Franz Joseph Bauer,
Claudia Bräutigam,
Ingo Bürger,
Imke Burma,
Namyeun Choy,
Eva Deutsch,
Michael Domas,
Ingeborg Endres-Häusler,
Philine Fahl,
Hanna Fleiss,
Thomas Frahm,
Pauline Füg,
Christian Glade,
Nora-Eugenie Gomringer,
Hans-Joachim Griebe,
Felicitas Hahn,
Franziska Holzheimer,
Maximilian Humpert,
Matthias Jecker,
Oliver Kleistner,
Frank Klötgen,
Dalibor Markovic,
Jürgen Marqua,
Christoph Meissner-Spannaus,
Rolf Menrath,
Jazemel Müller,
Manfred Peringer,
Frank Schablewski,
RO Willaschek,
Christine Wulz,
Christian Züge
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Lyrik retten! - Mit der Unterstützung vieler Autoren und Autorinnen haben wir zusammengetragen, was uns erhaltenswert im Bereich der Lyrik erscheint. Das meiste auf Empfehlung von Menschen, die selber schreiben. Denn wer könnte besser wissen, was ein gutes Gedicht ist, als die jeweiligen Konkurrenten, die am Schreibtisch vor dem leeren Blatt sitzen? Das Buch ist mithin auf der Höhe der Zeit, ohne einem faden Zeitgeist zu huldigen. Alleinige Kriterien der Auswahl ist unbedingter Formwille, handwerklich saubere Arbeit, vor allem aber das magische und ungreifbare Quäntchen Transzendenz, durch das aus gängigen Zeilenbruch-Texten erst Unvergängliches wird.
Aktualisiert: 2020-05-28
Autor:
Uwe Borowski,
Imke Burma,
Kai Dillenberger,
Michael Domas,
Ingeborg Endres-Häusler,
Joerg Friedrich,
Magda Graf,
Hans-Joachim Griebe,
Barbara Grotewohlt,
Ralph Grüneberger,
Felicitas Hahn,
Mone Hartman,
David Krause,
Fara Lalee,
Jürgen Marqua,
Christoph Meissner-Spannaus,
Rolf Menrath,
Maria Pirrot,
Roman Schmid,
Petra Schröck,
Klaus Servene,
Simon Wilkens,
Stefan Zander
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Dieser Band versammelt Texte, in denen Autoren und Autorinnen über ihr Handwerk nachdenken. Dabei werden keine abgehobenen Theorien verhandelt, sondern Selbstbefragungen über das Wie, Warum und Wohin der eigenen Arbeit – oft tiefgründig, oft amüsant, oft lyrisch, oft ganz handfest, oft einander widersprechend. Allen Texten aber ist gemeinsam: Sie stammen aus der Werkstatt, nicht aus dem Elfenbeinturm!
Aktualisiert: 2021-10-21
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Aus den Kritiken:
'Atemberaubend!' (Berliner Tageblatt)
'… dagegen ist Henscheids berühmt-berüchtigtes 'Die Mätresse des Bischofs' Kinderkram!'
(Literaturmagazin Die Foren)
'Wenn das in Deutschland nicht verfilmt wird, kann sich das Kino hierzulande begraben lassen!'
(70mm – Filmjournal)
'Skandalös, dass derartige Literaturpornographie im Buchhandel frei erhältlich ist!'
(Zeitschrift für Religion & Geist)
'Startling insights into life in the monastery. Brilliant and disturbing.'
(The Manchester Herold)
'Große Kunst, die sowohl die erotischen als auch die poetischen Maßstäbe in der Literatur grundlegend verändern wird.'
(Hessen-Nassauisches Kulturjournal)
'… und unsere schöne Heimat wird ein Opfer grotesker Verzerrungen. Hier sollte man wirklich den Staatsanwalt einschalten!'
(Mecklenburgischer Generalanzeiger)
'… das ist nicht erotisch, das ist pure Literaturpornographie, aber so gut gemacht, dass das Vergnügen daran alle moralischen Bedenken aufwiegt.'
(kidHH – Kultur in der Hansestadt Hamburg)
Aktualisiert: 2020-05-28
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"Unbegreiflich, dass diese wundervollen und ergreifenden Skulpturen nicht in allen großen Museen der Welt zu finden sind."
Dietwald Spannaus († 2009)
Kein Nachruf – ein Dank.
1941 in Frankfurt am Main geboren, die wichtigsten Kindheitsjahre also im deutschen Elend verbracht, darüber hinaus geschlagen mit dem Front-Tod des Vaters kurz vor Kriegsende, dem Tod der Mutter drei Jahre später, wuchs mein Schwiegervater als Waise in einem zerstörten Land zwischen ver- und zerstörten Menschen auf. Ich als Nachgeborener frage mich oft: Wie kann einer unter diesen Umständen zu einem liebenswerten Menschen werden?
Mit 13 Jahren hatte er einen Beruf zu ergreifen, die kaufmännische Lehre bot sich an, es war 1954, die Wirtschaft boomte, schon 1955 kamen die ersten 'Gastarbeiter', er heiratete jung, Familie und Beruf wurden dem Kriegswaisen zum Wichtigsten überhaupt, wenig Zeit blieb, künstlerische Ambitionen auszuleben.
Und die hatte er.
Dietwald ist immer Künstler gewesen, nie aber Bohemien. Er war erfinderisch, kreativ – etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, war ihm stets eine Freude, schon in der Kindheit. Doch die Sehnsucht danach, Kunst zu machen, durfte nie die Familie gefährden. Immer zeichnete er, malte, arbeitete mit Ton, später mit Holz. Aber erst, als familiär alles erreicht, alles gesichert war, erlaubte er sich, größere Projekte zu verwirklichen, wie die in diesem Band abgebildeten Skulpturen.
Ein bescheidener Mann.
Ich liebe ihn.
Christoph Meissner-Spannaus
Aktualisiert: 2020-05-28
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