AGRO IST POP, AGRO IST BIO, AGRO IST ALLES!

AGRO IST POP, AGRO IST BIO, AGRO IST ALLES! von Backhouse,  Maria, Fatheuer,  Thomas, Koch,  Philip, Moreno,  Camila, Rodríguez,  Fabricio, Tittor,  Anne, Vogelpohl,  Thomas
Dekarbonisierung ist das Schlüsselwort für die nächsten Dekaden. In historisch einmaliger Weise hat sich die Weltgemeinschaft im Pariser Abkommen zu diesem Ziel bekannt, wenn auch in der etwas unklareren Version der „Klimaneutralität“, die einem ganzen Bündel von Kompensationsmechanismen und fragwürdiger CO2-Bilanzierung das Tor öffnet. 2050 soll das Ziel erreicht werden. Seit der Unterzeichnung des Abkommens am 12. Dezember 2015 ist viel passiert: die Covid-19-Pandemie, einschließlich Wirtschaftskrise und der Ukraine-Krieg mit einer Explosion der Preise für Energie und Weizen. Und während das Pariser Abkommen noch aus einer Zeit der globalen Kooperation zu kommen scheint, stehen nun die Zeichen auf ein Revival von Geopolitik, das durch die Konkurrenz und Konfrontation großer Blöcke bestimmt ist. Ohne Zweifel, die Lage ist unübersichtlich und hat in Europa eine einigermaßen klar definierte Agenda für das Vorantreiben der Dekarbonisierung ins Wanken gebracht. Plötzlich ist Kohle wieder gefragt und die Brücken(-technologie) Gas in Teilen eingestürzt. Aber 2022 kamen auch die Bilder von brennenden Wäldern nicht mehr nur aus Amazonien, sondern auch aus Frankreich und Brandenburg. Eine lange Periode der Trockenheit und ungekannte Hitzewellen haben das Klimathema wieder zurück in die öffentliche Aufmerksamkeit gebracht, so wie das Ziel, zumindest langfristig weitgehend von Öl und Gas unabhängig zu werden. Trotz vieler Verwirrungen für die kurzfristigen Perspektiven bleibt also die Langzeitperspektive Dekarbonisierung/Klimaneutralität aktuell, und wird sowohl im deutschen Klimaschutzplan wie in dem European Green Deal der EU konkretisiert. Es ist dieser Kontext, der dem Konzept einer „Bioökonomie“ Bedeutung verleiht. Zwar konzentrieren sich in Europa die Kräfte der Dekarbonisierung auf den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie, welche nicht zur Bioökonomie zu rechnen sind. Aber der Einsatz natürlicher Ressourcen (als Biomasse) ist sozusagen die zweite Säule für die Strategien der Dekarbonisierung und hat auch bereits jetzt eine große Bedeutung, die gerade in Europa oft unterschätzt wird. Das Verbrennen von Holz zu Heizzwecken, der Einsatz von „Biosprit“, all das ist Bioökonomie. Dazu kommt, dass die bioenergetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Europa nach wie vor die meistgenutzte erneuerbare Energiequelle ist. Bioökonomie ist daher mehr als ein Buzzword und eine Modeerscheinung, es ist eine entscheidende Baustelle der Dekarbonisierung. Allerdings ist Bioökonomie auch ein sehr weit gefasstes Feld, das von unterschiedlichen Akteuren aufgriffen wird. Landwirtschaft gehört nach allen gängigen Definitionen zu Bioökonomie. Vor diesem Hintergrund ist Bioökonomie auch ein Feld, in dem global um Welternährung und/oder Ernährungssouveränität gerungen wird. Ankoppeln können sich an das Konzept auch die Konzerne, die durch Gentechnologie, Digitalisierung und massiven Einsatz von Agrargiften die Produktivität der Landwirtschaft steigern wollen, um so ‚die Welt zu ernähren‘. In dieser Gemengelage wird die Bioökonomie zugleich zum Hoffnungsträger wie zum Schreckgespenst. Mehr als ein klar definiertes Konzept markiert Bioökonomie eine Kampfzone verschiedener gesellschaftlicher Kräfte und ihrer Visionen einer sozial-ökologischen Transformation. Diese Kampfzone ist so global wie die Landwirtschaft. Es ist inzwischen Allgemeinwissen, dass die europäische Landwirtschaft von Importen abhängig ist. Das gesamte Modell der hiesigen Fleischproduktion hängt an Sojaimporten aus Argentinien, Brasilien und den USA. Umgekehrt ist das Agrarmodell dieser Länder abhängig von den multinational agierenden Chemie- und Saatgutkonzernen wie Bayer/Monsanto und BASF. Für die Bioökonomie und deren Nachhaltigkeitsanspruch ist die Frage zentral, wo die notwendige Biomasse herkommen soll und unter welchen Bedingungen sie produziert wird. In diesem Kontext richtet die vorliegende Publikation den Blick auf Lateinamerika, mit deutlichem Schwerpunkt auf Brasilien. Denn wenn es ein Bioökonomieland auf diesem Planeten gibt, dann ist es Brasilien –ein Gigant aufgrund seiner Natur, wie es in der brasilianischen Nationalhymne heißt. Die Beiträge von Thomas Fatheuer (Kapitel 2 und 3) analysieren das Beispiel Brasilien und zeigen auf, wie in der tropischen Agrargroßmacht Bioökonomie vom Agrobusiness gekapert worden ist. Aber dabei dient Bioökonomie nicht nur dem Greenwashing des Agrobusiness, es ist auch ein Werkzeug, technologische Innovationen voranzutreiben und den Agrarsektor als Teil einer Dekarbonisierungsrhetorik neu aufzustellen. In diesem Kontext kommt dem ausführlich abgehandelten Zuckerrohr-Ethanol-Komplex eine herausragende und strategische Bedeutung zu. Allerdings fehlt der brasilianischen Bioökonomie ein belastbares Konzept von Nachhaltigkeit und eine Transformationsperspektive. Wie die Einordnung in das größere Bild der Entwicklung der Energieversorgung in Brasilien zeigt: zusammen mit dem Bioökonomiesektor soll auch die Förderung von Erdöl und Gas wachsen. Der Beitrag von Thomas Vogelpohl vertieft einen zentralen Aspekt des brasilianischen Modells der Bioökonomie (Kapitel 4). Deren dynamischster Sektor ist die Produktion von Ethanol auf der Basis von Zuckerrohr. Mit dem Programm Renavabio soll nun auch das Potential eines CO2-Marktes erschlossen werden, eine Schlüsselstrategie in der neoliberalen Vision der Dekarbonisierung. Fabricio Rodríguez beleuchtet in seinem Beitrag die unterschiedlichen Facetten des Handels mit Agrarprodukten, die im Kontext der Bioökonomie nun auch zur Biomasse deklariert werden (Kapitel 5). Dieser Handel reproduziert globale Ungleichheiten und es fehlt ihm jeglicher Bezug zu Gerechtigkeitsfragen und der Überwindung der sozialen Spaltung der Welt. Ein kurzer Ausblick auf weitere Länder des Subkontinents (Kapitel 6) mit den Beiträgen von Anne Tittor, Philip Koch und Thomas Fatheuer zeigt in Argentinien ähnliche Tendenzen wie in Brasilien, während in Ecuador und Kolumbien Bioökonomie mit einer anderen Bedeutung verbunden wird. In diesen Ländern ist Bio nicht das neue Wort für Agro, sondern es stellt den Bezug zur Biodiversität her. Beide Länder sehen Biodiversität als strategische Ressource und in deren kommerzieller Nutzung einen wichtigen Baustein für eine Green Economy. Dem Resümee (Kapitel 8) zu dieser Publikation nachgestellt findet sich als Anhang ein ergänzender Beitrag von Camila Moreno (Kapitel 9). Sie versucht sich in einen Überblick über das komplexe globale Koordinatenfeld, in dem die Bioökonomie heute eingelassen ist und zeichnet nach, wie sich die Agenda für eine Bioökonomie im Kontext eines globalen Klima- und Umwelt-Governance-Rahmens entwickelt. Der Text kann in seiner Kürze nicht alle diese Felder analysieren, er bietet jedoch Anstöße für weitere Debatten und zeigt die vielfältigen sowie teilweise widersprüchlichen globalen Tendenzen im Übergang zu einer „Green Economy“ auf.
Aktualisiert: 2023-05-11
> findR *

AGRO IST POP, AGRO IST BIO, AGRO IST ALLES!

AGRO IST POP, AGRO IST BIO, AGRO IST ALLES! von Backhouse,  Maria, Fatheuer,  Thomas, Koch,  Philip, Moreno,  Camila, Rodríguez,  Fabricio, Tittor,  Anne, Vogelpohl,  Thomas
Dekarbonisierung ist das Schlüsselwort für die nächsten Dekaden. In historisch einmaliger Weise hat sich die Weltgemeinschaft im Pariser Abkommen zu diesem Ziel bekannt, wenn auch in der etwas unklareren Version der „Klimaneutralität“, die einem ganzen Bündel von Kompensationsmechanismen und fragwürdiger CO2-Bilanzierung das Tor öffnet. 2050 soll das Ziel erreicht werden. Seit der Unterzeichnung des Abkommens am 12. Dezember 2015 ist viel passiert: die Covid-19-Pandemie, einschließlich Wirtschaftskrise und der Ukraine-Krieg mit einer Explosion der Preise für Energie und Weizen. Und während das Pariser Abkommen noch aus einer Zeit der globalen Kooperation zu kommen scheint, stehen nun die Zeichen auf ein Revival von Geopolitik, das durch die Konkurrenz und Konfrontation großer Blöcke bestimmt ist. Ohne Zweifel, die Lage ist unübersichtlich und hat in Europa eine einigermaßen klar definierte Agenda für das Vorantreiben der Dekarbonisierung ins Wanken gebracht. Plötzlich ist Kohle wieder gefragt und die Brücken(-technologie) Gas in Teilen eingestürzt. Aber 2022 kamen auch die Bilder von brennenden Wäldern nicht mehr nur aus Amazonien, sondern auch aus Frankreich und Brandenburg. Eine lange Periode der Trockenheit und ungekannte Hitzewellen haben das Klimathema wieder zurück in die öffentliche Aufmerksamkeit gebracht, so wie das Ziel, zumindest langfristig weitgehend von Öl und Gas unabhängig zu werden. Trotz vieler Verwirrungen für die kurzfristigen Perspektiven bleibt also die Langzeitperspektive Dekarbonisierung/Klimaneutralität aktuell, und wird sowohl im deutschen Klimaschutzplan wie in dem European Green Deal der EU konkretisiert. Es ist dieser Kontext, der dem Konzept einer „Bioökonomie“ Bedeutung verleiht. Zwar konzentrieren sich in Europa die Kräfte der Dekarbonisierung auf den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie, welche nicht zur Bioökonomie zu rechnen sind. Aber der Einsatz natürlicher Ressourcen (als Biomasse) ist sozusagen die zweite Säule für die Strategien der Dekarbonisierung und hat auch bereits jetzt eine große Bedeutung, die gerade in Europa oft unterschätzt wird. Das Verbrennen von Holz zu Heizzwecken, der Einsatz von „Biosprit“, all das ist Bioökonomie. Dazu kommt, dass die bioenergetische Nutzung nachwachsender Rohstoffe in Europa nach wie vor die meistgenutzte erneuerbare Energiequelle ist. Bioökonomie ist daher mehr als ein Buzzword und eine Modeerscheinung, es ist eine entscheidende Baustelle der Dekarbonisierung. Allerdings ist Bioökonomie auch ein sehr weit gefasstes Feld, das von unterschiedlichen Akteuren aufgriffen wird. Landwirtschaft gehört nach allen gängigen Definitionen zu Bioökonomie. Vor diesem Hintergrund ist Bioökonomie auch ein Feld, in dem global um Welternährung und/oder Ernährungssouveränität gerungen wird. Ankoppeln können sich an das Konzept auch die Konzerne, die durch Gentechnologie, Digitalisierung und massiven Einsatz von Agrargiften die Produktivität der Landwirtschaft steigern wollen, um so ‚die Welt zu ernähren‘. In dieser Gemengelage wird die Bioökonomie zugleich zum Hoffnungsträger wie zum Schreckgespenst. Mehr als ein klar definiertes Konzept markiert Bioökonomie eine Kampfzone verschiedener gesellschaftlicher Kräfte und ihrer Visionen einer sozial-ökologischen Transformation. Diese Kampfzone ist so global wie die Landwirtschaft. Es ist inzwischen Allgemeinwissen, dass die europäische Landwirtschaft von Importen abhängig ist. Das gesamte Modell der hiesigen Fleischproduktion hängt an Sojaimporten aus Argentinien, Brasilien und den USA. Umgekehrt ist das Agrarmodell dieser Länder abhängig von den multinational agierenden Chemie- und Saatgutkonzernen wie Bayer/Monsanto und BASF. Für die Bioökonomie und deren Nachhaltigkeitsanspruch ist die Frage zentral, wo die notwendige Biomasse herkommen soll und unter welchen Bedingungen sie produziert wird. In diesem Kontext richtet die vorliegende Publikation den Blick auf Lateinamerika, mit deutlichem Schwerpunkt auf Brasilien. Denn wenn es ein Bioökonomieland auf diesem Planeten gibt, dann ist es Brasilien –ein Gigant aufgrund seiner Natur, wie es in der brasilianischen Nationalhymne heißt. Die Beiträge von Thomas Fatheuer (Kapitel 2 und 3) analysieren das Beispiel Brasilien und zeigen auf, wie in der tropischen Agrargroßmacht Bioökonomie vom Agrobusiness gekapert worden ist. Aber dabei dient Bioökonomie nicht nur dem Greenwashing des Agrobusiness, es ist auch ein Werkzeug, technologische Innovationen voranzutreiben und den Agrarsektor als Teil einer Dekarbonisierungsrhetorik neu aufzustellen. In diesem Kontext kommt dem ausführlich abgehandelten Zuckerrohr-Ethanol-Komplex eine herausragende und strategische Bedeutung zu. Allerdings fehlt der brasilianischen Bioökonomie ein belastbares Konzept von Nachhaltigkeit und eine Transformationsperspektive. Wie die Einordnung in das größere Bild der Entwicklung der Energieversorgung in Brasilien zeigt: zusammen mit dem Bioökonomiesektor soll auch die Förderung von Erdöl und Gas wachsen. Der Beitrag von Thomas Vogelpohl vertieft einen zentralen Aspekt des brasilianischen Modells der Bioökonomie (Kapitel 4). Deren dynamischster Sektor ist die Produktion von Ethanol auf der Basis von Zuckerrohr. Mit dem Programm Renavabio soll nun auch das Potential eines CO2-Marktes erschlossen werden, eine Schlüsselstrategie in der neoliberalen Vision der Dekarbonisierung. Fabricio Rodríguez beleuchtet in seinem Beitrag die unterschiedlichen Facetten des Handels mit Agrarprodukten, die im Kontext der Bioökonomie nun auch zur Biomasse deklariert werden (Kapitel 5). Dieser Handel reproduziert globale Ungleichheiten und es fehlt ihm jeglicher Bezug zu Gerechtigkeitsfragen und der Überwindung der sozialen Spaltung der Welt. Ein kurzer Ausblick auf weitere Länder des Subkontinents (Kapitel 6) mit den Beiträgen von Anne Tittor, Philip Koch und Thomas Fatheuer zeigt in Argentinien ähnliche Tendenzen wie in Brasilien, während in Ecuador und Kolumbien Bioökonomie mit einer anderen Bedeutung verbunden wird. In diesen Ländern ist Bio nicht das neue Wort für Agro, sondern es stellt den Bezug zur Biodiversität her. Beide Länder sehen Biodiversität als strategische Ressource und in deren kommerzieller Nutzung einen wichtigen Baustein für eine Green Economy. Dem Resümee (Kapitel 8) zu dieser Publikation nachgestellt findet sich als Anhang ein ergänzender Beitrag von Camila Moreno (Kapitel 9). Sie versucht sich in einen Überblick über das komplexe globale Koordinatenfeld, in dem die Bioökonomie heute eingelassen ist und zeichnet nach, wie sich die Agenda für eine Bioökonomie im Kontext eines globalen Klima- und Umwelt-Governance-Rahmens entwickelt. Der Text kann in seiner Kürze nicht alle diese Felder analysieren, er bietet jedoch Anstöße für weitere Debatten und zeigt die vielfältigen sowie teilweise widersprüchlichen globalen Tendenzen im Übergang zu einer „Green Economy“ auf.
Aktualisiert: 2023-02-09
> findR *

Lateinamerika

Lateinamerika von Moreno,  Camila
Bioökonomie gehört zu den Begriffen, die immer häufiger auftauchen, ohne dass klar ist, was eigentlich damit gemeint ist. Bioökonomie-Strategien werden in einigen Ländern entwickelt, reichlich Geld fließt in die Forschung, aber wirklich populär ist der Begriff nicht geworden – trotz der sympathischen Assoziation, die mit der Verwendung des Präfix „Bio“ offensichtlich erweckt werden soll. Denn der Begriff bleibt unklar und schwammig. Der deutsche Bioökonomierat definiert Bioökonomie als „die wissensbasierte Erzeugung und Nutzung biologischer Ressourcen, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen“. Bei Bioökonomie geht es also „irgendwie“ und im weiteren Sinn um die Nutzung biologischer Ressourcen. Plastischer wird die Idee der Bioökonomie, wenn man auf den politischen Kontext schaut, der die Karriere des Konzepts begünstigt. Das fossile Zeitalter geht zu Ende – diese Botschaft ist in den letzten Jahre zu einem weitgehenden Konsens der Politik geworden. Und es muss zu Ende gehen: nicht wegen des Mangels an Öl oder Kohle, sondern wegen des Klimawandels, der vorwiegend durch das Verbrennen fossiler Energieträger verursacht wird. Um dem Klimawandel wirksam zu begegnen, muss die Wirtschaft der Welt „dekarbonisiert“ werden. Das Konzept der Dekarbonisierung hat es sogar in die Abschlusserklärung des G7-Gipfels in Elmau (2015) gebracht. Kern der Dekarbonisierung ist der Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas. Und derweil deren stoffliche Nutzung (etwa in der Chemieindustrie) nur einen geringen Anteil hat, geht es bei der Dekarbonisierung im wesentlichen um eine Transformation des dominanten Energiesystems. Der zentrale Stellenwert, den die Energieversorgung im Dekarbonisierungsgebot hat, lässt immer wieder den Verdacht aufkommen, dass es sich bei der Bioökonomie nur um eine Fortsetzung der Politik der Agrartreibstoffe handelt. Diese waren ja in Verruf geraten, eine Konkurrenz mit dem Anbau von Nahrungsmitteln darzustellen (“Tank versus Teller” Debatte). Bioökonomie ist sicherlich auch ein Versuch, Agrartreibstoffe – oder wie es im offiziellen Diskurs heiß: Biokraftstoffe – wieder neu ins Spiel zu bringen, indem die Nutzung einer zweiten Generation derselben in Aussicht gestellt wird, die Reststoffe (wie Stroh) oder nicht essbare Biomasse (Holz) verwendet. Aber natürlich erschöpfen sich Kontext und Anliegen der Bioökonomie nicht in der Entwicklung neuer Agartreibstoffe. Die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sieht drei zentrale Säulen für die Entwicklung der Bioökonomie: „fortgeschrittene Kenntnis von Genen und komplexen Zellprozessen, erneuerbare Biomasse und die sektorübergreifende Integration von Biotechnologie“. Und damit ist ein weiterer Kontext und ein weiteres Problem der Bioökonomie benannt: von Anfang an stand sie unter Verdacht, ein Neuauflage der Gentechnologie unter neuer “Bio-Flagge” zu intendieren. Tatsächlich sind die jüngsten Neuentwicklungen der Gentechnologie ein zentrales Feld der Biotechnologie – und damit der Bioökonomie. Unter dem Begriff „synthetische Biologie“ werden in großer Schnelligkeit neue Gentechnologien entwickelt, die nicht mehr auf der Neukombination von Genen abzielen, sondern auf deren Manipulation oder gar der Schaffung von neuen Formen von Leben. Lateinamerika ist ein zentraler Schauplatz des Implementation bioökonomischer Ansätze: Hier befinden sich die größten Anbauflächen von genetisch veränderten Pflanzen (insbesondere Soja in Argentinien und Brasilien), Brasilien ist neben den USA der größte Produzent von Agrartreibstoffen und der Kontinent verfügt über einen gewaltigen “Vorrat” an Biomasse (etwa in den Regenwäldern Amazoniens) und angeblich über immenses Potential an Flächen, die landwirtschaftlich genutzt werden können. Die Studie von Camila Moreno inspiziert diesen Schauplatz, stellt Entwicklungen, Tendenzen und Visionen dar, die sich in neuen Modernisierungsstrategien niederschlagen. Die Verknüpfung von Landnutzung, Energieerzeugung und Klimapolitik steht dabei im Mittelpunkt. Zwar umfasst Bioökonomie viele andere Bereiche (wie etwa eine intelligente Kreislaufwirtschaft), aber gerade in Lateinamerika wird deutlich, dass Bioökonomie Entwicklungsstrategien rund um die Landnutzung neu definiert – und dabei die Macht der Konzerne ausbaut, die Biotechnologie beherrschen.
Aktualisiert: 2018-12-07
> findR *
MEHR ANZEIGEN

Bücher von Moreno, Camila

Sie suchen ein Buch oder Publikation vonMoreno, Camila ? Bei Buch findr finden Sie alle Bücher Moreno, Camila. Entdecken Sie neue Bücher oder Klassiker für Sie selbst oder zum Verschenken. Buch findr hat zahlreiche Bücher von Moreno, Camila im Sortiment. Nehmen Sie sich Zeit zum Stöbern und finden Sie das passende Buch oder die Publiketion für Ihr Lesevergnügen oder Ihr Interessensgebiet. Stöbern Sie durch unser Angebot und finden Sie aus unserer großen Auswahl das Buch, das Ihnen zusagt. Bei Buch findr finden Sie Romane, Ratgeber, wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Bücher uvm. Bestellen Sie Ihr Buch zu Ihrem Thema einfach online und lassen Sie es sich bequem nach Hause schicken. Wir wünschen Ihnen schöne und entspannte Lesemomente mit Ihrem Buch von Moreno, Camila .

Moreno, Camila - Große Auswahl an Publikationen bei Buch findr

Bei uns finden Sie Bücher aller beliebter Autoren, Neuerscheinungen, Bestseller genauso wie alte Schätze. Bücher von Moreno, Camila die Ihre Fantasie anregen und Bücher, die Sie weiterbilden und Ihnen wissenschaftliche Fakten vermitteln. Ganz nach Ihrem Geschmack ist das passende Buch für Sie dabei. Finden Sie eine große Auswahl Bücher verschiedenster Genres, Verlage, Schlagworte Genre bei Buchfindr:

Unser Repertoire umfasst Bücher von

Sie haben viele Möglichkeiten bei Buch findr die passenden Bücher für Ihr Lesevergnügen zu entdecken. Nutzen Sie unsere Suchfunktionen, um zu stöbern und für Sie interessante Bücher in den unterschiedlichen Genres und Kategorien zu finden. Neben Büchern von Moreno, Camila und Büchern aus verschiedenen Kategorien finden Sie schnell und einfach auch eine Auflistung thematisch passender Publikationen. Probieren Sie es aus, legen Sie jetzt los! Ihrem Lesevergnügen steht nichts im Wege. Nutzen Sie die Vorteile Ihre Bücher online zu kaufen und bekommen Sie die bestellten Bücher schnell und bequem zugestellt. Nehmen Sie sich die Zeit, online die Bücher Ihrer Wahl anzulesen, Buchempfehlungen und Rezensionen zu studieren, Informationen zu Autoren zu lesen. Viel Spaß beim Lesen wünscht Ihnen das Team von Buchfindr.