Energiebilanzen von Mutterschafen im prä- und postpartalen Zeitraum in Bezug zur Aufzuchtleistung von Lämmern

Energiebilanzen von Mutterschafen im prä- und postpartalen Zeitraum in Bezug zur Aufzuchtleistung von Lämmern von Reintke,  Jessica
Die Lammfleischproduktion repräsentiert die wichtigste Einnahmequelle der deut-schen Schafhaltung. In diesem Zusammenhang ist die Zeitspanne von dem Beginn der Trächtigkeit bis zum Absetzen der Lämmer besonders entscheidend für eine er-folgreiche Lämmeraufzucht. Die Gesundheit sowie die Gewichtszunahme des Lam-mes prä- und postnatum ist dabei eng mit der maternalen Energiebilanz verknüpft. Gleichzeitig stellen Futterkosten den größten Anteil der Fixkosten eines Schäfereibe-triebs dar. Eine frühzeitige Selektion von Mutterschafen hinsichtlich ihrer Energiebi-lanz und eine langfristige Steigerung ihrer Futtereffizienz durch züchterische Maß-nahmen können dazu beitragen, die Futterkosten zu senken. Bei einer gleichbleiben-den oder sogar verbesserten Aufzuchtleistung der Lämmer, sind darüber hinaus noch gesteigerte Einnahmen über das Lammfleisch möglich. Der Begriff der Energiebilanz dient zur quantitativen Beurteilung des Energieumsat-zes bzw. des Energiezustandes eines Tieres. Um Rückschlüsse auf die Energiebi-lanz von Mutterschafen prä- und postpartum ziehen zu können, werden in der vorlie-genden Arbeit Merkmale der Körperkondition, des Methanausstoßes, der Mineral-stoffversorgung sowie bestimmter Stoffwechselparameter im Blut untersucht. Vor diesem Hintergrund werden auch verschiedene Rassen und Produktionssysteme betrachtet. Bisherige Forschungen fokussierten sich zumeist nur auf einzelne der genannten Merkmale und ließen darüber hinaus die Auswirkungen der maternalen Energiebilanz auf das Lamm außer Acht. Gerade diese generationsübergreifenden Einflüsse wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit sowohl auf phänotypischer als auch auf genetischer Ebene untersucht. Kapitel 1 beleuchtet zu Beginn die Besonderheiten und Zuchtziele der untersuchten Schafrassen sowie die allgemeine Struktur der Zuchtwertschätzung für Schafe in Deutschland. Im weiteren Verlauf wird auf die Definition der maternalen Energiebi-lanz im Rahmen dieser Arbeit und auf die wichtigsten zugrundeliegenden Stoffwech-selprozesse während der Laktation eingegangen. Eine Besonderheit der Verdau-ungsphysiologie bei Wiederkäuern bildet die Methanproduktion. Da es sich bei Me-than um ein potentes Treibhausgas handelt, ist die Reduktion der Methanproduktion von Nutztie-ren vornehmlich aus Gründen des Klimaschutzes interessant. Darüber hinaus zeigte sich allerdings auch eine enge Verknüpfung zwischen der Menge an produziertem Methan und dem Energiestoffwechsel eines Tieres, weshalb die Analyse des Metha-nausstoßes von Mutterschafen ebenfalls einen wichtigen Aspekt dieser Arbeit dar-stellt. In diesem einleitenden Kapitel werden daher die aktuell genutzten Messverfah-ren zur Bestimmung des enteralen Methanausstoßes bei Schafen beschrieben und die bisherige Nutzung von Methanmerkmalen in der Zucht bei Schaf und Rind erläu-tert. Des Weiteren werden die untersuchten Körperkonditionsmerkmale und die da-zugehörigen Erfassungsmethoden sowie die Relevanz dieser Merkmale für die Zucht zusammengefasst. Als Grundlage für die dritte Teilstudie dieser Arbeit zum Einfluss der Mengen- und Spurenelementversorgung bzw. des Stoffwechselstatus von Mut-terschafen auf die Energiebilanz und die Lammgewichtsentwicklung, werden im wei-teren Verlauf des ersten Kapitels ebenfalls die dafür untersuchten Blutparameter und ihre klinische Bedeutung erläutert. Kapitel 2 befasst sich mit dem phänotypischen Einfluss der maternalen Körperkondi-tionsparameter Mutterschafgewicht, Body Condition Score und Rückenfett- und Rü-ckenmuskeldicke auf die Lammgewichtsentwicklung im postpartalen Zeitraum. Im Rahmen der dargestellten Teilstudie werden die Rassen Merinolandschaf und Rhön-schaf unter high input Bedingungen (>33 % Kraftfutter in der Ration) im Vergleich zu den Rassen Coburger Fuchsschaf, Rhönschaf und Kreuzungstiere unter low input Bedingungen (<33 % Kraftfutter in der Ration) untersucht. Es zeigte sich für Mutter-schafe des high input Produktionssystems während der Laktation eine Abnahme der Rückenfettdicke bei kontinuierlicher Zunahme des Lammgewichts. Für dieselbe Schafpopulation waren die höchsten Lammgewichte mit einem mittleren Body Condi-tion Score von 3,5 assoziiert. Gleichzeitig war das Körpergewicht von ML Mutter-schafen positiv mit dem Geburtsgewicht und dem Absetzgewicht der Lämmer korre-liert. Unter low input Bedingungen zeigten Mutterschafe mit einer Rückenfettdicke >3 mm signifikant schwerere Lämmer im Alter von zwölf Wochen mit gleichzeitig höhe-ren täglichen Zunahmen zwischen der neunten und zwölften Lebenswoche. Innerhalb des low input Produktionssystems war ein maternaler BCS zwischen 1,5 und 2,5 mit den höchsten Lammgewichten assoziiert. Auch die tägliche Gewichtsabnahme der Mutterschafe hatte signifikanten Einfluss auf die Lammgewichtsentwicklung in beiden Produktionssystemen. Die Ergebnisse dieser Teilstudie unterstreichen den differenti-ellen Einfluss maternaler Körperkonditionsmerkmale auf die Lammgewichtsentwick-lung in Abhängigkeit der Rasse und Haltungsumwelt. Kapitel 3 adressiert die phänotypischen und genetischen Beziehungen zwischen in-novativen Methanmerkmalen und der maternalen Körperkondition sowie der Lamm-gewichtsentwicklung während der Laktation. Dabei wurde die Methankonzentration in der Ausatemluft mit Hilfe von Kurzzeitmessungen via Lasermethandetektor be-stimmt. Da sich der enterale Methanausstoß in zwei Fraktionen einteilen lässt (Me-thanausstoß während der Respiration bzw. während des Ruktus), wurden auch die Methanmerkmale entsprechend dieser Physiologie definiert und separat voneinander untersucht. Da mit dem ausgestoßenen Methan ein nicht unerheblicher Teil der zu-vor über die Nahrung aufgenommenen Energie ungenutzt verloren geht, waren die Mutterschafe mit einem vergleichsweise hohen Methanausstoß leichter, hatten eine geringere Rückenfettdicke sowie leichtere Lämmer. Diese phänotypischen Beziehun-gen zwischen den Methanmerkmalen, der Körperkondition und dem Lammgewicht bestätigten sich ebenfalls in den negativen genetischen Korrelationen. Die geschätz-ten Heritabilitäten für die Methanmerkmale waren niedrig (h2 < 0,1 bis h2 = 0,3). Die Ergebnisse dieser Teilstudie implizieren, dass sich eine Zucht auf reduzierte Metha-nemissionen (besonders während des Ruktus) positiv auf die Körperkondition von Mutterschafen und ebenfalls positiv auf die Lammgewichtsentwicklung auswirkt. In Kapitel 4 wird untersucht, ob es, trotz identischer Haltungsbedingungen, zu ras-sespezifischen Unterschieden bezüglich der Blutkonzentration von Mineralstoffen und Stoffwechselindikatoren prä- und postpartum kommt. Darüber hinaus wird auf phänotypischer Ebene untersucht, inwiefern diese Konzentrationsunterschiede der genannten Blutparameter die Körperkondition, den Methanausstoß sowie die Lamm-gewichtsentwicklung beeinflussen. Es zeigte sich, dass bei Mutterschafen der Rasse Merinolandschaf eine Magnesiumkonzentration >1 mmol/L zu signifikant höheren Absetzgewichten bei den zugehörigen Lämmern führte, im Vergleich zu Lämmern von Mutterschafen, die eine geringere Magnesiumkonzentration im Blut aufwiesen. Darüber hinaus war die Kupferkonzentration bei Merinolandschafen und Rhönscha-fen positiv mit dem Body Condition Score und der Rückenfettdicke zum Zeitpunkt des Absetzens assoziiert. Bei Rhönschafen war zudem die Selenkonzentration posi-tiv mit dem Body Condition Score verknüpft. Eine erhöhte Zinkkonzentration sowie eine geringe Konzentration an ß-Hydroxybutyrat im Serum führte zu einem reduzier-ten Methanausstoß während der Respiration und eine erhöhte Calciumkonzentration führte zu einem geringeren Mutterschafgewicht bei Merinolandschafen. Die Ergeb-nisse dieser Teilstudie zeigen die Wichtigkeit der maternalen Mineralstoffversorgung und des Stoffwechselstatus im Hinblick auf die Körperkondition, den Methanausstoß und die Lammgewichtsentwicklung in Abhängigkeit von der Rasse. Kapitel 5 nimmt erneut Bezug auf die wichtigsten Erkenntnisse der Teilstudien aus den Kapiteln 2 bis 4 und beschreibt darüber hinaus weitere Möglichkeiten der gene-tisch-statistischen Modellierung von Energiebilanzmerkmalen vor dem Hintergrund möglicher Genotyp-Umwelt-Interaktionen. Des Weiteren werden den phänotypischen Ergebnissen aus Kapitel 2 die entsprechenden genetischen Ergebnisse (für das high input Produktionssystem) gegenübergestellt. Im weiteren Verlauf werden die Zu-sammenhänge zwischen dem Methanausstoß und der Energiebilanz unter besonde-rer Berücksichtigung des Pansenmikrobioms vertieft und beschrieben, inwiefern der gemessene Methanausstoß Rückschlüsse auf die individuelle Futteraufnahme eines Schafes geben kann. Bezugnehmend auf die Ergebnisse der Teilstudie aus Kapitel 4, werden die Herausforderungen bei der Phänotypisierung von Gesundheitsmerkmalen dargelegt. Im letzten Teil dieser übergreifenden Diskussion werden die Potentiale von Indikatormerkmalen der maternalen Energiebilanz für die Schafzucht herausgestellt. Zusammenfassend zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass Merkmale der Körper-kondition, des Methanausstoßes sowie die Mineralstoffversorgung und der Stoff-wechselstatus von Mutterschafen prä- und postpartum dazu geeignet sind, Rück-schlüsse auf die maternale Energiebilanz zu ziehen. Eine Berücksichtigung der ge-nannten Merkmale im Rahmen zukünftiger Zuchtprogramme kann die Effizienz von Mutterschafen steigern und somit langfristig Futterkosten senken. Gleichzeitig wird auch die Produktivität der Mutterschafe erhöht, da sich die Selektion auf eine ver-besserte Energiebilanz ebenfalls positiv auf die Lammgewichtsentwicklung auswirkt.
Aktualisiert: 2021-12-22
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