Groteskenspiegel

Groteskenspiegel von Gerresheim,  Bert, Roemer,  Werner
Karlheinz Nowald aus Außenwelt – Innenwelt, Spiegel – Zerrspiegel, Etüde mit Zitaten In den Zeichnungen und Plastiken von Bert Gerresheim wird Lebenswirklichkeit und Erfahrung, Gesehenes, Ge- und Erlebtes, Gewolltes, Vorgestelltes und Geträumtes vexierend gespiegelt und im Bildwerk gebannt. Dabei erscheint natürlich keine klassische Welt. Eher eine labyrinthische und groteske. Im Dezember 2012 schreibt er in einem Brief: „alles ist mir eine gute groteske.“ ln unserer Korrespondenz erwähnt er da das Wort zum ersten Mal, aber seitdem taucht es immer häufiger auf. Im April 2015 fällt ihm „das groteske des gesamten lebensambientes“ auf, am 16. Juli fühlt er sich „im grotesken unterwegs“, und am 25. Juli fragt er: „sind die grotesken verzerrte signale des wunderbaren?“ Auch in den Titeln der Plastiken, Frottagen, Projekte kommt es zur Sprache: verballhornt als Ensoresken und Böcklinesken oder einfach in den Benennungen der Zeichnungen, zum Beispiel in groteske / der gute tod, groteske ohne flugmöglichkeit, vogelzwittergroteske, groteske Darwinstunde – verkappter unglücksrabe und einer ganzen Bronzegruppe von vexiergrotesken. Diese Werke haben handliche Größen, und ihr Habitus erinnert an die Zwitterwesen von Hieronymus Bosch und Pieter Bruegel, an diese zusammengesetzten Wesen und Unwesen höllischer Abkunft. Bei Gerresheim deuten die Titel ihr Aussehen an: schnabelgnom, koboldfisch, meereszwitter, maskenbold, schellenratte … Nun ist das Wort grotesk seit einem Jahrhundert in die Inflation geraten. Ursprünglich war es nur eine Sachbezeichnung, der Name für die am Ende des 15. Jahrhunderts in den römischen Grotten entdeckten antiken Fresken mit ihren zusammengesetzten Ornamenten. Sie wurden auch als sogni dei pittori bezeichnet, Malerträume. Sie bestanden „aus einer symmetrischen Verschlingung von stilisiertem Pflanzenwerk mit phantastischen Menschen- und Tiergestalten, mit Satyrn, Kentauren und ähnlichen Fabelwesen, mit Köpfen, Masken und Fruchtschnüren, mit Vögeln und Insekten, Waffen, Gefäßen und dergleichen.“ Im Zeitalter der Aufklärung erfuhr das Wort eine Bedeutungserweiterung, diente der Unterscheidung einzelner Literatur- und Kunstgattungen und wurde in die Nähe des Komischen und Burlesken gestellt – als Gegensatz zum Erhabenen. Und so wurde es auch am Ende des 19. Jahrhunderts noch verstanden, wie man in der dritten Auflage von Meyers Konversations-Lexikon von 1887 nachlesen kann: „Bezeichnung einer Gattung des 137 Niedrig-Komischen in der Literatur, der Musik und den bildenden Künsten, welche das Närrisch-Seltsame, das abenteuerliche Zusammenstellen heterogener Gegenstände, ein Produkt ungezügelter Phantasie, in sich faßt.“ Längst aber hat sich der Bedeutungshorizont noch weiter ausgedehnt, so weit, dass Wolfgang Kayser in seinem Standardwerk über Das Groteske in Malerei und Dichtung (1957) meint, „daß weite Bereiche des gegenwärtigen lyrischen Schaffens den Begriff des Grotesken zu ihrer Deutung nahelegen.“ Oder, noch nachdrücklicher, Peter Fuß in Das Groteske (2001): „Moderne Kunst ist wesentlich grotesk.“ Dem möchte man achselzuckend zustimmen. Sieht man nun auf der Website des Duden nach, welche Bedeutungsspektren das Wort grotesk aktuell auffächert, dann trifft man auf so viele Möglichkeiten, dass man kapituliert: „abenteuerlich, absonderlich, absurd, ausgefallen, bizarr, eigentümlich, eigenwillig, extravagant, komisch, merkwürdig, seltsam, sonderbar, ungewöhnlich, wunderlich; (bildungssprachlich) exzentrisch, kurios, skurril; (umgangssprachlich) abgedreht, schrullenhaft, schrullig, ulkig, verrückt: (salopp) irre: (abwertend) lächerlich.“ Hat das nicht etwas von Irrsinn? Wollen wir es da nicht lieber von der Produktionsseite aus ansehen und nachschauen, was aus dem Zusammenstoß von Künstler und Wirklichkeit im Werk geworden ist? Theorien erblassen. Der Traum, der Schlaf der Vernunft, gebiert Ungeheures, Fantastisches, auch Närrisches. Es ist ernst und es ist heiter – Leben und Kunst. Fragen wir den Künstler, so antwortet er auf jeden Fall erst mal ernst: mit einer Erklärung und am Ende mit einer Bitte, in einem Brief vom 16.7.2015: „das groteske ist ein wunderliches assoziationsfeld – bereits mit dem vexieren kommt das groteske ins blickfeld, weil die sichtbare lebenswirklichkeit in die umverwandlung gerät und ausdrucksformen annehmen kann, welche die gegebenen daten ins mögliche, vermutbare und fremdartige verzerren – verwandeln sich die daten, das spiegelbild, der spiegel selbst oder auch der die daten spiegelnde, der den spiegel in händen hält? – die groteske, dieses vielgesichtige ,grottengeschenk‘ einer antikentrunkenen renaissance, dieses pflanzen-menschen- und tiervexierspiel ist doch zerrspiegelbildlich auf unsere gegenwärtigkeit zu überblenden – da kann man nur beten: heiliger eulenspiegel – spiegle für uns – spiegle uns – spiegle jetzt und in alle narrenzeit –“
Aktualisiert: 2020-11-26
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Der Wohlstandplan: Jeder kann Vermögen aufbauen

Der Wohlstandplan: Jeder kann Vermögen aufbauen von Roemer,  Werner
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Aktualisiert: 2023-03-22
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Oostender Stundenbuch

Oostender Stundenbuch von Ensor,  James, Gerresheim,  Bert, Roemer,  Werner, Tricot,  Xavier
Im Dialog mit James Ensor Seit vielen Jahren reist Bert Gerresheim in unregelmäßigen Abständen nach Ostende an die Kanalküste, um dort im Hotel ‚Rubens‘ am Visserskaai abzusteigen und tagsüber bei sonnigem als auch windigem Wetter in der Stadt oder am Meer zu sein. Was ihn immer wieder dorthin zieht, zeigen die Frottage-Zeichnungen des „Oostender Stundenbuches“. Immer dann, wenn Gerresheim durch größere Aufträge lange und intensiv von Arbeiten im plastischen Medium in Anspruch genommen war, bemüht er sich anschließend, seine spezifisch graphischen Fähigkeiten zu reaktivieren. Denn die Zeichnung erlaubt ihm, Distanz zu der repräsentativen Größe und dem dramatischen Ernst seiner bildhauerischen Werke zu nehmen. Wie zur körperlichen und seelischen Entspannung widmet er sich dann dem unprätentiösen, ludischen Arbeiten in seinen Zeichnungen, die auch das kleinere Format erlauben. Im Grunde sind es banale Bildgegenstände in den Blättern, die man anderenorts auch antreffen könnte, wäre da nicht eine eigenartige magische Atmosphäre in den Darstellungen, die auf den genius loci eines James Ensor zurückzuführen ist, der 1860 in Ostende geboren wurde, als Malergenie die längste Zeit seines Lebens dort verbracht hat und mit dem den Düsseldorfer eine langjährige Seelenverwandtschaft verbindet. Was Gerresheim an Ensor fasziniert, ist zunächst einmal eine tiefe Beziehung zum Phantastischen, die zweifellos ein Erbe der flämischen Tradition von Hieronymus Bosch bis Pieter Brueghel ist. Beide lassen ihrer Vorstellungskraft freien Lauf. Neben dem konkret Sichtbaren steht bei ihnen das bloß Vorgestellte, Erinnerte, Geträumte. In der barocken Realität, in der sie leben, werden der eine wie der andere durch bizarre Gegenstände erregt: Muscheln, Marionetten, Vasen und Schüsseln, Teppich- und Tapetenmuster, die den Keim der Phantasie bereits in sich tragen. Wellenförmige Linien entstehen, die durch ihre Assoziationen neue Motive schaffen und in ihrem imaginären Charakter dem Symbolisten Ensor wie dem Surrealisten Gerresheim nahestehen. So greift Gerresheim ganz selbstverständlich gewisse Motive und deren Stilmittel von Ensor auf. Dessen Anschauung kann ihm gerade so gut wie der eigene Stil zur unmittelbaren Erfahrung werden. Er schlüpft in die Gewänder Ensors und spricht doch mit eigener Stimme. Denn er durchschaut dessen Vorlagen, entrümpelt sie vom Zeitgeschmack und allen Accessoires, um die eigene Komplexität in den Bruchstücken zu erfassen. Gerresheim tritt in der Rolle Ensors auf, um sein Ureigenstes durch die Rekonstruktion verborgener Muster zu manifestieren. Er erfüllt den Vorgänger mit Leben, indem er dessen Herkunft rekapituliert. So entsteht ein Dialog mit ihm und seiner Geschichte. Von daher versteht sich der 1969 von Gerresheim erfolgte Ausspruch: „Die moderne Kunst beginnt in der Vlaanderenstraat.“ – Ensors Adresse. Vom obersten Eckfenster dieser Adresse besitzt der Künstler im übrigen einen alten Fensterrahmen, den er wie eine ehrwürdige Reliquiehütet, da von diesem Fenster der Wegbereiter der Moderne sein Leben lang die Welt betrachtet hat. (Auszug aus dem „Vorwort“ von Werner Roemer)
Aktualisiert: 2019-10-01
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Extramundi

Extramundi von Gerresheim,  Bert, Mittelstraß,  Jürgen, Roemer,  Werner
ZUM VEXIERBILD-ZYKLUS „EXTRAMUNDI“ VON BERT GERRESHEIM – AUCH EINE FACETTE SEINES ‚VISIONÄREN REALISMUS’ Und der Verstand ist umso befriedigter, wenn man in die Malerei gewisse Ungeheuerlichkeiten einfügt, und zwar zur Entspannung und Ablenkung des Geistes, aber auch um den Blick des Menschen zu schärfen, der häufig sehen will, was er nie gesehen und nicht für möglich gehalten hat; es gibt für den menschlichen Körper und für die Tiere keine vorgegebenen Formen, obwohl manche von ihnen wunderbar sind. (Michelangelo) In dem Bilderzyklus „Extramundi“, drängt sich der Ereignischarakter formal und gehaltlich geradezu auf. Auf diesen Frottage-Blättern treffen koboldartige Wesen mit ausschnitthaften Bildeinschüben sowie abstrakten Tafeln zusammen, die in ihrer halluzinatorischen Atmosphäre einer “Jenseitswanderung“ gleichkommen. „Extramundi“ ist nach Angaben des Künstlers „keine Wortverunglimpfung oder verhuddeltes Latein, sondern ein kartografisch fixierter Ort hinter Iria Flavia und Padron in Galicien, ein einsamer Flecken am Ende der Welt, vielleicht auch hinter diesem Ende. Die Uhren zeigen dort Mythen an und nicht Stunden, ein Ort zwischen Arkadien und einer dantesken Inferno-Landschaft, das Imaginationsfeld einer Jenseitswanderung und deshalb außerhalb der Zeit. Darum gibt es hier fantastische Begegnungsmöglichkeiten für Liniengespenster, Traumgestalten, groteske Figurationen und Realitätsfetzen, also ein imaginärer Ort, an dem sich Hiesiges und Jenseitiges ein Stelldichein geben, an dem Widersprüchliches zusammenwächst und eine wahrscheinliche Bildwirklichkeit erzeugt“. Es herrscht die Atmosphäre des Grotesken und Irregulären, die sich aus Märchenhaftem und Mythischem, aus Geometrischem und Planimetrischem zusammensetzt. Das unerwartete Auftauchen und die Verwandlung des Erscheinenden ergeben eine Story, die wie im Wachtraum abläuft. Dabei treffen Daten der täglichen Erfahrung, aus Traumfetzen und Kunstzitate aufeinander. In ihrer halluzinatorischen, grotesken Bildstimmung sind sie der Bilderwelt Böcklins und Chiricos verpflichtet, auch Hieronymus Bosch und Max Ernst bringen sich mit ihren rätselhaften Symbolen ins Spiel. Gegenüber den Vexierfolgen der letzten Jahre fällt neben den neuen Prototypen die erweiterte Erscheinungsbühne auf, deren Raum- und Zeitstruktur bisher einheitlich oder zumindest undefinierbar war. Jetzt aber sind die Bildvisionen der Zeit und dem Raum enthoben. Gerresheim schafft einen autonomen Bildraum im Nirgendwo, der ganz selbständig aus den dargestellten Wesen und Dingen herauswächst. Das Schwanken zwischen Aufsichtsperspektive und aufrechtem Schweben bei den Figurationen demonstriert die eigenmächtige Fähigkeit des Künstlers, einen phantastischen Un-Ort mit utopischen Qualitäten zu schaffen. In dieser Bilderwelt, die von der Widersprüchlichkeit, Zerrissenheit und Inkohärenz der Wesen, Dinge und Räume geprägt ist, bewirkt die Ironie, dass das Bildarsenal seine verabredete Identität aufgibt zugunsten einer möglichen neuen … der Ort, an dem das geschieht, ist der Ort des Transitorischen, ein Nicht-Ort, aber ein Transitraum, in dem sich die Metamorphose der Wesen und Dinge ereignet – die Ironie und die wechselnde Bedeutung des Bildarsenals zwischen Pathos, Komik und Satire prägen diese Dieseits-Jenseits-Reise. Das Kombinatorische und die Assoziation bleiben Flucht- und Gravitationspunkte dieser Vexierbilder. Indem bei diesem Zyklus Irrationales und Widersprüchliches, Berechnung und Traum, Erdachtes und Vorgefundenes in zeitlicher und räumlicher Enthobenheit aufeinander treffen, scheint sich Surreales zu ereignen. © Werner Roemer
Aktualisiert: 2019-10-01
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Durchbetete Wege

Durchbetete Wege von Gerresheim,  Bert, Hurtz,  Klaus, Roemer,  Werner
Einführung Schon als Kind faszinierte und irritierte mich die Geschichte zugleich, noch hatte ich keine Worte dafür, aber ein konkretes Gefühl. Denn auf der einen Seite belustigte mich die Unbeschwertheit, die Leichtigkeit, mit der Kostbares gegen Minderes eingetauscht wurde. Auf der anderen Seite verstörte mich, dass der Protagonist zuletzt mit leeren Händen dastand, ganz allein auf sich zurückgeworfen. Und ganz contre Coeur lautete obendrein der Titel des Märchens: „Hans im Glück“. Das sollte das Glück des Menschen sein, im Tausch sich (selbst) täuschen zu lassen? Als junger Theologiestudent begegnete mir die Geschichte wieder. Aber nun wurde sie als Parabel des modernen Menschen gelesen, wurde sie aufgeschlüsselt in diesem Ringen um Freiheit, die in vielen Plausibilitäten eins ums andere hergibt, das Wichtigste und Kostbarste wegschenkt, um dann allerdings mit leeren Händen dazustehen. Der moderne Mensch, wir, in unserer Freiheit, zurückgeworfen auf uns selbst, einsam und allein gelassen und nicht mehr wissend, wohin der Weg führt. Es war die „Einführung in das Christentum“ von Joseph Ratzinger, die mir die Augen dafür öffnete, und so wurde die Lektüre zu einem Schlüsselerlebnis für mich. Jeder Satz war unendlich spannend, weil er mir neue, überraschende Erkenntnisse schenkte. Nahezu jedes Wort war gewichtig, weil es in die Tiefen des Menschseins und damit in die Höhen der Theologie führte. So begriff ich mehr und mehr, dass dieses Ringen der menschlichen Freiheit und das gleichzeitige Rückgebundensein an das Bild des Menschen, wie Gott ihn gedacht hat, die eigentliche Grundspannung jeglichen angemessenen Denkens und Redens von Gott und den Menschen ist. Noch etwas anderes erkennen wir an unserem „Hans im Glück“. Er ist unterwegs und strebt seiner Heimat zu. Letztendlich ist diese Bewegung das Charakteristikum menschlichen Lebens überhaupt. „Wir sind im Leben alle unterwegs und gehen auf die Zukunft zu“, dieses Wort von Papst Benedikt XVI. fasst es zusammen, denn solange ein Mensch Zukunft hat, geht er in diese Zukunft hinein. Und unser Glaube sagt uns, dass diese Dynamik eine ganze Ewigkeit währt. Diese urmenschliche Erfahrung hat den Menschen von der Frühzeit an zu einem Pilger werden lassen. Denn im Wallfahrtsweg spiegelt sich in komprimierter Weise letztlich das Leben selbst. Auf einer Pilgerreise verdichten sich die urmenschlichen Erfahrungen, das Leben ist ein Weg-Abenteuer mit seinen Höhen und Tiefen, mit seinen Enttäuschungen und Hoffnungen, mit seinen Beschwernissen und Erleichterungen, mit seinen Ängsten und Freuden. So lag es nahe, einmal einige große Wallfahrtsorte der Christenheit, Rom, Jerusalem, Santiago de Compostela und Kevelaer, wie sie im Wort des Gedichtes oder Liedes uns vorgestellt werden, näher zu betrachten. Rom und Jerusalem hatten bereits in antiker Zeit ihren klangvollen Namen. Das „Ewige Rom“, diese kleine Siedlung am Tiber, die bereits vor Christus ihren rasanten Aufstieg zur Weltmetropole nahm, zu der dann „alle Wege“ führten. Mit Petrus als ihrem ersten Bischof entwickelte sie sich durch die Verfolgungszeit hindurch auch zur besonderen Mitte der Christenheit, und der Nachfolger Petri nahm immer einen herausragenden Platz im Bischofskollegium ein. Jerusalem war der erste Ort, zu dem Christen pilgerten. Keine Geringere als die Kaisermutter Helena wollte die Stätten sehen, an denen sich das Drama der Erlösung des Menschen vollzogen hat. Und so wurde Jerusalem zu dem, was es bis heute ist: Die Stadt der großen Weltreligionen, zu der Juden, Muslime und Christen pilgern. Und obwohl Jerusalem das Wort „Frieden“ in seinem Namen trägt, ist es bis in unsere Zeit eine offene Wunde Gottes und der Menschheit, weil es immer wieder und viel zu oft Anlass und Ort kriegerischer Auseinandersetzungen war und ist. Der Sternenweg führt zum „Sternenfeld“, eben zu Santiago de Compostela, wo der „wahre Jakob“ zu finden ist. Ein (wohl fingierter) Pilgerbericht des Papstes Calixtus war Anstoß, dass im Mittelalter gleichsam die Christenheit dorthin wallfahrte. Dabei weiß man heute, dass schon in keltischer Zeit die Menschen diese Wege zum „Ende der Welt“ zogen. Es sind also wirklich uralte Pilgerpfade, die gerade in unserer Zeit neu entdeckt werden. Der Gnadenort Kevelaer ist die jüngste Pilgerstätte in unserem Vierklang, der in diesem Buch aufklingen soll. Immerhin seit 1642, als auf Initiative des schlichten Handlungsreisenden Hendrik Busmann und seiner Frau dort ein Bildstock mit dem papierenen Abbild der Luxemburger Madonna aufgestellt wurde, ziehen die Menschen aus dem weiten Umfeld des Niederrheins dorthin und erfahren bei der „Consolatrix Afflictorum“, der Trösterin der Betrübten, Stärkung, Heilung und Trost. Diese alten und uralten Pilgerwege sind immer „durchbetete Wege“, auf denen der Mensch seine kreatürlichen Erfahrungen ins Gespräch mit Gott bringen kann. Das sind immer ganz persönliche, ja intime Lebensäußerungen, aber gerade deswegen auch Glaubenszeugnisse, die für andere gewichtig werden können. Denn wie ein Weg leichter zu bewältigen ist, wenn man an den Erlebnissen und Erfahrungen anderer partizipiert, so ist das auch mit unserem Glauben. Glaube ist ja zunächst nichts anderes, als die Teilhabe an den Erfahrungen, die Menschen mit Gott machen durften, Teilhabe an der Geschichte Gottes mit den Menschen. Der Glaube lebt vom Zeugnis und damit vom Zeugen, heute mehr denn je. Nicht umsonst formulierte bereits Papst Paul VI. das markante Wort: „Der heutige Mensch hört lieber auf Zeugen als auf Lehrer, und wenn er auf Lehrer hört, dann deshalb, weil sie Zeugen sind.“ Und letztendlich ist jeder Lebensweg ein Glaubensweg, denn es gilt, dass es so viele Wege zu Gott gibt, wie Menschen auf der Erde sind. Hierhinein gehört dann auch das Paulus-Wort (2 Kor 3,5), das uns daran erinnert, dass wir uns das nicht selbst zuschreiben können, sondern „unsere Befähigung stammt vielmehr von Gott“. „Wir sind im Leben alle unterwegs“, damit ist auch ausgesagt, dass zu diesem Wir natürlich auch ein Papst gehört. Schaut man in das Leben von Papst Benedikt XVI., so stellt man fest, dass er zu allererst und grundlegend Lehrer ist, aber in seinen vielfältigen Ämtern und Funktionen, in seinen Vorlesungen, Predigten, Publikationen war und ist er immer auch Zeuge für den Glauben. Dies mag mitunter nicht für jeden in der selben Deutlichkeit erkennbar gewesen sein, so dass manche ihn gerne auf seine einzelnen Wegetappen festlegen wollen, doch spätestens seit seiner Wahl zum Papst der katholischen Christenheit erkennen die Menschen, dass er nicht nur ein bedeutender Lehrer, sondern auch ein begnadeter Glaubenszeuge ist. Denn nur wo dieser Doppelklang zum Tragen kommt, das heißt, mit dem eigenenLeben gefüllt wird, ist man ein „Mitarbeiter der Wahrheit“ (3 Joh 8). Papst Benedikt XVI. soll dieses Buch gewidmet sein als bescheidenes Zeichen des Dankes für seinen Weg, an dem er uns auf so vielfältige und beeindruckende Weise teilhaben lässt. Unser „Hans im Glück“ bekam als Dank für seine Arbeit von seinem Meister einen Goldklumpen; an einen solchen materiellen Dank ist nicht gedacht. Immerhin mag in den Gedichten und Liedern, in den Notaten und Bildern manches Goldkorn blitzen, das allerdings nicht in der Gefahr steht, nachlässig eingetauscht zu werden. Denn womit man Hände füllt, kann verloren gehen, doch nie, womit man Herzen füllt. Das gefüllte Herz eines erfüllten Lebens, das will Gott uns schenken, weil Gott die Liebe ist (1 Joh 4,16). Dies ist die vornehmste, ja eigentliche Aufgabe unseres Glaubens und damit aller Glaubenden, in Liebe mit Liebe die Herzen der Menschen zu füllen. Dass wir hierfür in Papst Benedikt XVI. ein solch ermutigendes Vorbild haben, dafür können wir nur danken.„Wir sind im Leben alle unterwegs und gehen auf die Zukunft zu.“ Dies beinhaltet zuletzt, dass uns in dieser Zukunft kein Ende erwartet, sondern eine Person, Jesus Christus selbst. Und wenn ein Sterbender das Zeitliche segnet, wandelt er sich vom Segnenden zum Gesegneten, weil Christus es ist, der uns empfängt, um uns eine ganze Ewigkeit zu eröffnen. „Und das ist alles unseres Wanderns Sinn.“ Klaus Hurtz
Aktualisiert: 2019-10-01
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Visionärer Realismus

Visionärer Realismus von Roemer,  Werner
Das Schaffen Bert Gerresheims wird von Werner Roemer bereits im Titel scharf und prägnant auf den Punkt gebracht; seine Kunst ist visionärer Realismus. Roemer analysiert treffend das Ziel der Moderne sei eine neue „Wirklichkeitskonzeption“ – Gerresheims Kunst besticht durch realistische Formen, die nicht objektiv wahrgenommene Wirklichkeit widerspiegelt, sondern Vision und Realität zu einer Einheit verbindet. Detaillierte biographische Kenntnisse erläutern einzelne Entwicklungsschritte der Kunst Bert Gerresheims. Gepaart mit einem umfassenden Bildmaterial ergeben sie einen einzigartigen, kenntnisreichen Text-Bildband, der sein künstlerisches Gesamtwerks nicht nur darstellt und zeigt, sondern es analysiert und erläutert. Damit ist das Buch ein genauer und spannender Leitfaden für alle Kunstinteressierten, die einen tiefen Blick auf ein künstlerisches Lebenswerk werfen möchten. Oder wussten Sie, dass Gerresheim einen Fensterrahmen des Hauses von James Ensors besitzt – dem großen belgischen Künstler und Wegbereiter der Moderne? Warum? Lesen Sie nach auf S. 27! Das Buch beinhaltet auch eine detaillierte Gesamtdokumentation des Gesamtwerkes Gerresheims; zusammengetragen sind Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, öffentliche Auftragsarbeiten und Werke in öffentlichen Sammlungen sowie Buchgrafiken und Filme.
Aktualisiert: 2022-07-12
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Sankt Rochus

Sankt Rochus von Roemer,  Werner
Die Pest, gegen deren Wüten Sankt Rochus angerufen wurde, gilt zwar im heutigen Europa als ausgerottet - dennoch geraten durch moderne Krankheiten wie Aids, BSE oder Krebs Patrone gegen schwer heilbare Krankheiten wieder vermehrt in Erinnerung. Werner Roemer zeigt auf, wie es zur Verehrung des heiligen Rochus (1345 - 1379) als Pestpatron kam und auf wie vielfältige Weise die Menschen zur Zeit der großen Pestepidemien der Anrufung des Heiligen Gestalt gegeben haben. Erläutert werden darüber hinaus Gelübde, Wallfahrten und Bruderschaften, die sich auf diesen Heiligen berufen. Den bedeutendsten Stätten der Verehrung des heiligen Rochus in Venedig, Nürnberg, Antwerpen und Düsseldorf ist jeweils ein eigenes Kapitel gewidmet. In rund 150 zum großen Teil vierfarbigen Abbildungen werden nicht nur zahlreiche Kirchen, Kapellen und Altäre, die man Sankt Rochus geweiht hat, vorgestellt, sondern ebenso die wichtigsten Darstellungen des Heiligen auf Plastiken, in der Malerei und in Grafiken. So ist eine umfassende Monographie zu einem interessanten Heiligen entstanden, die zugleich die Facetten einer bewegten Zeit deutlich werden lässt.
Aktualisiert: 2020-01-06
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la Verna-protokoll

la Verna-protokoll von Gerresheim,  Bert, Roemer,  Werner
La Verna Eine Umbrienreise des Künstlers zu Ostern 1976 löste eine systematische Beschäftigung mit der Gestalt des Franziskus von Assisi und dem Phänomen der Stigmatisation aus. Das Skizzenbuch dieser Reise, überschrieben: La-Verna-Protokoll“, gibt zunächst Durchreibungen der Inschrifttafel wieder, die sich an der Stelle befindet, wo der heilige Franz am Fest der Kreuzerhöhung des Jahres 1224 auf dem Berge Alverna die Wundmale empfing, die ihn auch leiblich dem leidenden Jesus angeglichen haben. Dann folgt im Skizzenbuch eine Frottage der Sitzplatte, auf der der heilige Franz im Beisein von Christus Gespräche mit jenem geführt haben soll. Heute befindet sich diese Platte als Altarplatte in der Grottenkirche von Alverna. Mit diesen Frottagen spürt Gerresheim dem Genius loci nach, der diese konkrete Stelle für ihn zur Faszination werden lässt.
Aktualisiert: 2020-09-02
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Sankt Sebastian

Sankt Sebastian von Roemer,  Werner
Die Reihe der Sebastiansdarstellungen in Malerei und bildender Kunst reicht vom Mittelalter bis zur Moderne und ist bis heute nicht abgerissen. Die größten Meister des Abendlandes haben sich von diesem Sujet inspirieren lassen. In seinem neuesten Buch bietet der studierte Theologe und Kunsthistoriker Werner Roemer einen kenntnisreichen und umfassend bebilderten Überblick über die Ikonographie des Heiligen und die Geschichte seiner Verehrung. Darüber hinaus jedoch setzt sich Roemer auch mit der Aktualität seines Themas auseinander und stellt unserer von zunehmender Anonymität geprägten Zeit den heiligen Sebastian als Schutzpatron einer neuen christlichen Solidargemeinschaft vor Augen – eine Idee, die in der Tradition der Schützenbruderschaften bis heute lebendig geblieben ist.
Aktualisiert: 2022-02-04
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