Bei jeder Neugruppierung von Schweinen muss eine neue soziale Hierarchie über eine Reihe von agonistischen Interaktionen festgelegt werden. Um diese Rangfolgen in einer Hierarchie zu analysieren, sind bislang sehr zeitaufwändige Beobachtungen und Auswertungen der Tiere auf Basis der Ergebnisse agonistischer Interaktionen in einer Sieger-Verlierer-Matrix notwendig. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Mastschweine in ihrem Sozialverhalten anhand des Futteraufnahmeverhaltens mit Hilfe einer elektronischen Futterstation (EFS) bei einem Tier-Fressplatz-Verhältnis (TFV) von 12: 1 zu phänotypisieren. Dazu wurden drei Untersuchungsgruppen (eine Videobeobachtungsgruppe und zwei Prüfgruppen) aus zwei Mastleistungsprüfungsanstalten (LPA) geprüft. Beide Stationen boten ein TFV von 12: 1 bei ad libitum-Fütterung an einer EFS. In der LPA A wurden zwei Gruppen untersucht - eine Videobeobachtungsgruppe und eine Prüfgruppe. Die Tiere stammten aus neun unterschiedlichen genetischen Herkünften und waren geschlechtergemischt (Sauen und Kastraten) aufgestallt. Eine einheitliche Genetik (Hybridtiere aus Piétrain und Baden-Württemberg-Sauen) wurde in der LPA B als weitere Prüfungsgruppe untersucht. Bei ausschließlicher Haltung von Sauen, Kastraten oder Ebern in der jeweiligen Gruppe konnten mögliche geschlechtsbedingte Unterschiede im Futteraufnahmeverhalten und der Rangfolge analysiert werden. In der LPA A wurden zunächst 93 Tiere jeweils 48 h lang zu Mastbeginn, -mitte und -ende per Video in der Videobeobachtungsgruppe observiert. Über die agonistischen Interaktionen an der Futterstation und deren Ergebnisse (Sieg oder Niederlage eines Tieres im Kampf um den Futtertrog) konnten über eine n x n-Matrix Rangindices für alle Tiere auf der Basis der Videoauswertungen errechnet und Rangpositionen (von 1 bis 12 mit 1 für das ranghöchste und 12 für das rangniedrigste Tier der jeweiligen Gruppe) vergeben werden. Untersucht wurden für diese Tiere die Zusammenhänge zwischen dem Rang (= Rangposition) und dem Futteraufnahmeverhalten (Anzahl der Stationsbe7 suche, Dauer und aufgenommene Futtermenge je Stationsbesuch). Außerdem wurde geprüft, ob die Rangposition Einfluss auf die physiologischen Leistungen (PTZ, FVW, Endgewicht, täglicher Futteraufnahme) nimmt. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt einmal für jeden einzelnen Rang (Rang 1 bis 12) der sozialen Hierarchie, für die beiden ranghöchsten Tieren auf den Rängen 1 und 2 sowie für die beiden rangniedrigsten Tiere auf den Rängen 11 und 12. Des Weiteren wurde eine Kategorisierung der Tiere in ranghoch (Ränge 1 bis 6) und rangniedrig (Ränge 7 bis 12) vorgenommen. Nach Videobeobachtung phänotypisierte ranghohe Mastschweine kamen seltener zur Futteraufnahme an die Futterstation (971 vs.1.059 Besuche), fraßen aber je Besuch länger (5,07 min vs. 4,23 min) und nahmen mehr Futter auf (174 g vs. 154 g) als rangniedere Buchtengefährten. Zwischen den ranghöchsten (Rangplätze 1 und 2) und den rangniedrigsten Mastschweinen (Rangplätze 11 und 12) ließen sich die Unterschiede bezüglich Anzahl der Futterstationsbesuche (842 Besuche vs. 1.143 Besuche) und Dauer der Futterstationsbesuche (4,95 min vs. 3,63 min) statistisch absichern (p 0,05). Rangniedrige Schweine sind in der Lage, Nachteile bei der Futteraufnahme durch ein verändertes Futteraufnahmeverhalten bei ad libitum-Fütterung und einem TFV von 1: 12 zu kompensieren, indem die Frequenz der Futterstationsbesuche erhöht wurde. Neben der Kategorisierung der Tiere in Rangpositionen auf der Basis von Videobeobachtungen wurden Ränge über die Auswertung der automatisch in der Abrufstation erfassten Parameter des Futteraufnahmeverhaltens, (= Futterstationsränge, FSR), vergeben: 1. Rangposition nach der Häufigkeit der Stationsbesuche (FSRAnzBes) 2. Rangposition nach der mittleren Dauer je Futterstationsbesuch (FSRDauer) 7 Zusammenfassung 146 3. Rangposition nach der mittleren aufgenommenen Futtermenge pro Stationsbesuch (FSRFuMe) Grundlage dafür waren Beobachtungen, wonach die Tiere (der jeweiligen Rangzuweisungen) analog zu den Ergebnissen der Videobeobachtungen sehr unterschiedlich die EFS frequentierten. Definitionsgemäß bekamen Mastschweine, die selten zur Futteraufnahme die Station aufsuchten und am längsten und meisten Futter aufnahmen, eine hohe Rangposition zugewiesen. Umgekehrt wurde Tieren mit vielen Stationsbesuchen, kurzem Aufenthalt und geringer Futtermenge je Besuch als rangniedrig phänotypisiert. Aus den drei vergebenen Einzelrängen für Häufigkeit der Besuche, Dauer und Futtermenge je Besuch (FSRAnzBes, FSRDauer, FSRFume) je Mastschwein wurde ein Mittelwert gebildet. Anhand dieses Mittelwertes konnte ein Gesamtfutterstationsrang (FSRGes) für jedes Mastschwein vergeben werden. Die Futterstationsränge (FSRAnzBes, FSRDauer, FSRFume und FSRGes) für die Tiere aus der Videobeobachtungsgruppe zeigten sowohl untereinander als auch mit dem per Videoauswertung ermittelten Rang (nur in der LPA A) einen positiven und z.T. signifikanten Zusammenhang. Die Dynamik in beiden Rangfolgen nach VBR und FSRGes war über die Mast hinweg vergleichbar. Sowohl nach VBR als auch nach FSRGes waren etwa zwei Drittel aller Mastschweine der Videobeobachtungsgruppe in die Rangkategorien ranghoch bzw. rangniedrig zu codieren. Nachdem der Nachweis geführt war, dass eine automatische Phänotypisierung des Sozialverhaltens der Tiere über die EFS-Besuche im vorliegenden Verfahren möglich ist und somit die sozialen Verhältnisse in der Gruppe abbildet, wurde eine größere Zahl an Tieren (n = 624) in der LPA A sowie insgesamt 415 Mastschweine in der LPA B (205 Eber, 115 Sauen, 95 Kastraten) automatisch über die Daten aus der EFS phänotypisiert. Die zuvor ermittelten Ergebnisse aus der Videoauswertung, dass ranghohe Tiere seltener, aber länger und mehr Futter während eines Stationsbesuches abriefen, konnte über alle vergebenen FSR in beiden Prüfstationen bestätigt werden. Nach FSRGes eingeteilte ranghöhere Tiere zeigten einen leichten ten7 denziellen Vorteil hinsichtlich Leistungen, wie PTZ (Prüfgruppe A 840 g vs. 829 g; Prüfgruppe B 830 g vs. 823 g) und FVW (Prüfgruppe A 2,32 kg/kg vs. 2,33 kg/kg; Prüfgruppe B 2,46 kg/kg vs. 2,47 kg/kg) gegenüber rangniedrigen Buchtengefährten (p > 0,05). Die Dynamik der Rangfolge nach Auswertung der Futterstationsränge der Gruppengefährten war in beiden Prüfgruppen mit der Dynamik aus den Videoauswertungen vergleichbar. Drei Viertel aller Tiere wurden in der LPA A mit beiden Methoden in der jeweiligen Rangkategorie ranghoch oder rangniedrig phänotypisiert, zwei Drittel waren es in der LPA B. In der LPA B konnten Unterschiede im Futteraufnahmeverhalten bei geschlechtergetrennter Haltung zwischen Ebern, Sauen und Kastraten nachgewiesen werden, die aber keinen Einfluss auf die Rangordnung nach FSRGes hatten. Kastraten gingen deutlich länger zur Futteraufnahme an die Station als Eber und Sauen (Kastraten mit 5,84 min im Vergleich zu 4,97 min bei Sauen und 4,95 min bei Ebern) und nahmen in dieser Zeit mehr Futter auf (Kastraten mit 158 g im Vergleich zu 128 g bei Sauen und 124 g bei Ebern). Ein erwartetes häufigeres Aufsuchen der Futterstation durch Eber, aufgrund der in der Literatur beschriebenen höheren Aktivität, konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht bestätigt werden. Unabhängig vom Geschlecht gingen ranghohe Tiere seltener, aber dafür mit längerem Aufenthalt pro Besuch zur Abrufstation und nahmen pro Besuch mehr Futter auf als rangniedrige Buchtengenossen. Die Ergebnisse weisen nach, dass geschlechtsunabhängig ein Tier-Fressplatz- Verhältnis von 12: 1 bei ad libitum-Fütterung als ausreichend und tiergerecht zu betrachten ist und Chancengleichheit zur Ausschöpfung des genetischen Leistungspotenzial in der Stationsprüfung bietet. Die automatische Einteilung der Rangplätze bzw. eine Phänotypisierung der Tiere über die Daten einer elektronischen Futterstation bei Schweinen ist möglich. Auf zeitaufwändige Videobeobachtungen zur Erhebung einer Rangfolge kann vor diesem Hintergrund verzichtet werden.
Aktualisiert: 2019-08-14
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