aus dem Vorwort
Fälle wie der Immobilienpleitier Schneider, die Haffa-Brüder oder Manfred Schmider sind bekannte Protagonisten des Deliktes der Wirtschaftskriminalität. Besorgniserregend sind zudem die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik, die über die letzten Jahre hinweg einen stetigen Anstieg registrieren musste. Kontrollinstanzen versagen häufig, Wirtschaftsprüfungen spielen umstrittene Rollen wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Enron-Skandal oder der Prüfung von Schmiders Unternehmen FlowTex. Auch in der öffentlichen Diskussion erregen große Wirtschaftsprozesse immer wieder Aufmerksamkeit. Handelt es sich dabei lediglich um prominente Einzelfälle?
Sind wirtschaftsdelinquente Straftaten ein Kavaliersdelikt oder "Nischendelinquenz"? Wie groß ist der ökonomische als auch nichtmonetäre wirtschaftliche Schaden, der durch diese Handlungen entsteht? Gibt es einen bestimmten Typus des Homo Sapiens, der wirtschaftskriminell handelt? Und: Wenn ja, wer ist dieser "homo oeconimucus delinquens"? Woran erkennt man ihn, wie kann man ihn enttarnen? Aus welchem sozialen Umfeld kommt er, wer sind seine Opfer? Die Rede von "Opfern" und "sozialem Umfeld" wirkt im Zusammenhang mit Wirtschaftsstraftaten fremd, ist sie doch eher aus der Beschreibung von Straftätern anderer Deliktbereiche wie Raub, Diebstahl oder Sittendelikte bekannt. Und das ist kein Zufall. Im Gegensatz zu "klassischen Delinquenzbereichen" wurde Wirtschaftskriminalität lange Zeit in der öffentlichen Meinung wie auch in der Forschung kaum wahrgenommen oder näher betrachtet, die "bösen Jungs" waren anderswo zu suchen. Daher sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Wirtschaftskriminalität sehr dünn, und es handelt sich im Wesentlichen um nicht generalisierbare Einzelerkenntnisse. Doch hat Wirtschaftsdelinquenz nur die Rechtswissenschaft, speziell die Kriminologie und in der Praxis Staatsanwälte zu interessieren? Welche Rolle spielt die Unternehmung in diesem Deliktfeld, beim Zustandekommen des Deliktes selbst? "Geschieht" ihr Wirtschaftskriminalität oder kann sie eine aktive Rolle übernehmen? Wie kann sich ein Unternehmen vor Wirtschaftsdelinquenz schützen - vor allem, wenn die Laus im eigenen Pelz sitzt?
Die hier aufgezeigten Fragen sind größtenteils von bisheriger Forschung nur unzureichend beantwortet worden. Insbesondere zur Person des wirtschaftskriminellen Straftäters ist außer sozibiographischen Daten kaum etwas bekannt. Doch auch auf praktischer Seite scheinen Maßnahmen gegen Wirtschaftskriminalität keine Früchte zu tragen - mit eben diesen entkommt der Wirtschaftskriminelle in der Regel nämlich und das Unternehmen bleibt geschädigt zurück, wenn der Verlust der Früchte überhaupt bemerkt wird. Doch was soll Wirtschaftskriminalität mit dem zweiten Teil des Titels dieser Schrift zu tun haben, mit Werten? Ist das nicht ein Thema für Philosophen, Moralisten oder bestenfalls den tugendhaften Privatmenschen? Soll nun auch Wirtschaftskriminalität auf den viel bejammerten "Werteverfall" in unserer Gesellschaft zurückführbar sein? Diese Befremdung kommt nicht von ungefähr: In der Forschung wird die Untersuchung von Werten auf Nebenschauplätzen ausgetragen und in der wirtschaftlichen Praxis ist die Balanced Scorecard bekannter als Wertemanagementsysteme. Insofern ist der Ansatz dieser Schrift ungewöhnlich - und doch: nicht nur erkenntnis- sondern (auch im ökonomischen Sinn!) gewinnbringend.
Die vorliegende Herausgeberschrift hat zum Ziel, die oben gestellten Fragen und aufgerissenen Themenbereiche zu erhellen. Dies geschieht weder belletristisch noch praxisblind, sondern mit wissenschaftlicher, praxisorientierter Methodik. So wird im ersten Kapitel (Theoretische Konzepte) eine breite theoretische Basis zum Thema geboten; Wirtschaftskriminalität und Werte werden aus kriminologischer, psychologischer wie philosophischer Sicht beleuchtet. Auf dieser Grundlage werden im zweiten Kapitel (Empirische Befunde) empirische Forschungsergebnisse dargestellt. Dabei wird eine Studie beschrieben, die verurteilte Wirtschaftskriminelle hinsichtlich ihrer Werthaltungen und anderer Eigenschaften mit einer Normalpopulation verglichen hat, und für Wirtschaftskriminelle typische Muster identifizieren konnte. Das ist nicht nur aufschlussreich, sondern läßt sich auch ganz konkret für Personalauswahl und -entwicklung nutzen. Die auf Basis theoretischer Überlegungen und empirischer Studien gewonnen Erkenntnisse sollen nicht im wissenschaftlichen Elfenbeinturm verharren, wurden sie doch auch im Hinblick auf die ökonomische Praxis gewonnen. Diese werden im dritten Kapitel (Praktische Lösungen) für die Praxis nutzbar gemacht, indem konkrete Möglichkeiten der Prävention, Bekämpfung und Nachsorge von wirtschaftskriminellen Handlungen erarbeitet werden.
In der Darstellungsart wurde ein Kompromiss zwischen wissenschaftlicher Dokumentation und damit Nachvollziehbarkeit einerseits und guter Lesbarkeit andererseits gesucht. Das Buch stellt eine Kreuzung verschiedener Fachrichtungen und Praxisfelder dar: Kriminologie, Psychologie, Philosophie sowie (Personal-) Management. Dieser ungewöhnliche Ansatz ist der für das Thema einzig adäquate Weg. Einerseits werden fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen benötigt, um dem Thema überhaupt habhaft zu werden, und nicht nur über Wirtschaftskriminalität zu sprechen, sondern auch Faktoren der Prävention zu identifizieren und etwas dagegen zu tun. Andererseits kann Forschung nicht nur für sich selbst tätig sein, sondern muss den - zugegeben häufig nur zaghaft gegangenen - Schritt in die Praxis wagen und ist dabei auf eben dieses Praxisfeld angewiesen.
Entsprechend sind auch die Autoren dieser Herausgeberschrift ausgewählt: Es handelt sich sowohl um Vertreter aus Wissenschaft mit breiter ökonomischer Erfahrung als auch um Unternehmer, deren tägliches Geschäft in der Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen besteht. So verbindet sich in den einzelnen Beiträgen dieser Herausgeberschrift praktische Erfahrung und deren Reflexion mit wissenschaftlicher Qualität, denn nur so können tragfähige und effiziente Lösungen aus Wissenschaft und Praxis für die konkrete unternehmerische Praxis geschaffen werden.
Aktualisiert: 2020-01-01
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aus dem Vorwort
Fälle wie der Immobilienpleitier Schneider, die Haffa-Brüder oder Manfred Schmider sind bekannte Protagonisten des Deliktes der Wirtschaftskriminalität. Besorgniserregend sind zudem die Ergebnisse der Polizeilichen Kriminalstatistik, die über die letzten Jahre hinweg einen stetigen Anstieg registrieren musste. Kontrollinstanzen versagen häufig, Wirtschaftsprüfungen spielen umstrittene Rollen wie beispielsweise im Zusammenhang mit dem Enron-Skandal oder der Prüfung von Schmiders Unternehmen FlowTex. Auch in der öffentlichen Diskussion erregen große Wirtschaftsprozesse immer wieder Aufmerksamkeit. Handelt es sich dabei lediglich um prominente Einzelfälle?
Sind wirtschaftsdelinquente Straftaten ein Kavaliersdelikt oder "Nischendelinquenz"? Wie groß ist der ökonomische als auch nichtmonetäre wirtschaftliche Schaden, der durch diese Handlungen entsteht? Gibt es einen bestimmten Typus des Homo Sapiens, der wirtschaftskriminell handelt? Und: Wenn ja, wer ist dieser "homo oeconimucus delinquens"? Woran erkennt man ihn, wie kann man ihn enttarnen? Aus welchem sozialen Umfeld kommt er, wer sind seine Opfer? Die Rede von "Opfern" und "sozialem Umfeld" wirkt im Zusammenhang mit Wirtschaftsstraftaten fremd, ist sie doch eher aus der Beschreibung von Straftätern anderer Deliktbereiche wie Raub, Diebstahl oder Sittendelikte bekannt. Und das ist kein Zufall. Im Gegensatz zu "klassischen Delinquenzbereichen" wurde Wirtschaftskriminalität lange Zeit in der öffentlichen Meinung wie auch in der Forschung kaum wahrgenommen oder näher betrachtet, die "bösen Jungs" waren anderswo zu suchen. Daher sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse über Wirtschaftskriminalität sehr dünn, und es handelt sich im Wesentlichen um nicht generalisierbare Einzelerkenntnisse. Doch hat Wirtschaftsdelinquenz nur die Rechtswissenschaft, speziell die Kriminologie und in der Praxis Staatsanwälte zu interessieren? Welche Rolle spielt die Unternehmung in diesem Deliktfeld, beim Zustandekommen des Deliktes selbst? "Geschieht" ihr Wirtschaftskriminalität oder kann sie eine aktive Rolle übernehmen? Wie kann sich ein Unternehmen vor Wirtschaftsdelinquenz schützen - vor allem, wenn die Laus im eigenen Pelz sitzt?
Die hier aufgezeigten Fragen sind größtenteils von bisheriger Forschung nur unzureichend beantwortet worden. Insbesondere zur Person des wirtschaftskriminellen Straftäters ist außer sozibiographischen Daten kaum etwas bekannt. Doch auch auf praktischer Seite scheinen Maßnahmen gegen Wirtschaftskriminalität keine Früchte zu tragen - mit eben diesen entkommt der Wirtschaftskriminelle in der Regel nämlich und das Unternehmen bleibt geschädigt zurück, wenn der Verlust der Früchte überhaupt bemerkt wird. Doch was soll Wirtschaftskriminalität mit dem zweiten Teil des Titels dieser Schrift zu tun haben, mit Werten? Ist das nicht ein Thema für Philosophen, Moralisten oder bestenfalls den tugendhaften Privatmenschen? Soll nun auch Wirtschaftskriminalität auf den viel bejammerten "Werteverfall" in unserer Gesellschaft zurückführbar sein? Diese Befremdung kommt nicht von ungefähr: In der Forschung wird die Untersuchung von Werten auf Nebenschauplätzen ausgetragen und in der wirtschaftlichen Praxis ist die Balanced Scorecard bekannter als Wertemanagementsysteme. Insofern ist der Ansatz dieser Schrift ungewöhnlich - und doch: nicht nur erkenntnis- sondern (auch im ökonomischen Sinn!) gewinnbringend.
Die vorliegende Herausgeberschrift hat zum Ziel, die oben gestellten Fragen und aufgerissenen Themenbereiche zu erhellen. Dies geschieht weder belletristisch noch praxisblind, sondern mit wissenschaftlicher, praxisorientierter Methodik. So wird im ersten Kapitel (Theoretische Konzepte) eine breite theoretische Basis zum Thema geboten; Wirtschaftskriminalität und Werte werden aus kriminologischer, psychologischer wie philosophischer Sicht beleuchtet. Auf dieser Grundlage werden im zweiten Kapitel (Empirische Befunde) empirische Forschungsergebnisse dargestellt. Dabei wird eine Studie beschrieben, die verurteilte Wirtschaftskriminelle hinsichtlich ihrer Werthaltungen und anderer Eigenschaften mit einer Normalpopulation verglichen hat, und für Wirtschaftskriminelle typische Muster identifizieren konnte. Das ist nicht nur aufschlussreich, sondern läßt sich auch ganz konkret für Personalauswahl und -entwicklung nutzen. Die auf Basis theoretischer Überlegungen und empirischer Studien gewonnen Erkenntnisse sollen nicht im wissenschaftlichen Elfenbeinturm verharren, wurden sie doch auch im Hinblick auf die ökonomische Praxis gewonnen. Diese werden im dritten Kapitel (Praktische Lösungen) für die Praxis nutzbar gemacht, indem konkrete Möglichkeiten der Prävention, Bekämpfung und Nachsorge von wirtschaftskriminellen Handlungen erarbeitet werden.
In der Darstellungsart wurde ein Kompromiss zwischen wissenschaftlicher Dokumentation und damit Nachvollziehbarkeit einerseits und guter Lesbarkeit andererseits gesucht. Das Buch stellt eine Kreuzung verschiedener Fachrichtungen und Praxisfelder dar: Kriminologie, Psychologie, Philosophie sowie (Personal-) Management. Dieser ungewöhnliche Ansatz ist der für das Thema einzig adäquate Weg. Einerseits werden fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen benötigt, um dem Thema überhaupt habhaft zu werden, und nicht nur über Wirtschaftskriminalität zu sprechen, sondern auch Faktoren der Prävention zu identifizieren und etwas dagegen zu tun. Andererseits kann Forschung nicht nur für sich selbst tätig sein, sondern muss den - zugegeben häufig nur zaghaft gegangenen - Schritt in die Praxis wagen und ist dabei auf eben dieses Praxisfeld angewiesen.
Entsprechend sind auch die Autoren dieser Herausgeberschrift ausgewählt: Es handelt sich sowohl um Vertreter aus Wissenschaft mit breiter ökonomischer Erfahrung als auch um Unternehmer, deren tägliches Geschäft in der Bekämpfung wirtschaftskrimineller Handlungen besteht. So verbindet sich in den einzelnen Beiträgen dieser Herausgeberschrift praktische Erfahrung und deren Reflexion mit wissenschaftlicher Qualität, denn nur so können tragfähige und effiziente Lösungen aus Wissenschaft und Praxis für die konkrete unternehmerische Praxis geschaffen werden.
Aktualisiert: 2019-01-08
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