Die Arbeit verschafft einen Überblick über die Effluxfunktion der Mdr1-Systeme verschiedener Tierarten. Dafür wurden das Mdr1-Gene von Wildkatze, Luchs und Huhn kloniert und ebenso wie die bereits am Institut vorhandenen Mdr1-Transporter von Katze und Hund (mit und ohne nt230 (del4) Mutation), HEK-FlpIn Zellen stabil transfiziert. Für die Messung der Effluxfunktion an Hand dieser Zelllinien wurde ein Fluoreszenz-Effluxassay etabliert und verschiedene veterinärmedizinisch eingesetzte Antiparasitika und Pestizide als potentielle Mdr1-Inhibitoren bzw. Modulatoren eingesetzt. Als Kontrolle für die Inhibitionsassays dienten ein etablierter Mdr1-Hemmstoff der ersten (Verapamil (Vera)) und der zweiten Generation (PSC833).
Ein besonderer Fokus der vorliegenden Arbeit lag darauf, die mögliche Ursache für die Berichte über eine klinische IVM (Ivermectin)-Unverträglichkeit bestimmter Vogelspezies zu ergründen. Zu Beginn der Arbeit lag die Vermutung nahe, dass diese –in Analogie zu dem Auftreten eines Mdr1-Defekts bei bestimmten Hunderassen- durch einen Defekt in dem Mdr1-System betroffener Vögel verursacht werden könnte. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurde neben dem Mdr des Huhns (nicht IVM sensitiv), das Mdr des Dompfaffs (IVM sensitiv) sequenziert, kloniert, stabil in HEK-FlpIn Zellen transfiziert und funktionell überprüft. Die Sequenzierung und der anschließende Gendatenbankabgleich des Vogel Mdr‘s ergab dabei eine hohe Sequenzidentität sowohl mit dem Mdr1- als auch mit dem Mdr3-Transporter der Säugetiere. Daher wurde im Anschluss der Begriff „Mdr-Transporter“ bzw. „Mdr1-Homolog“ der Vögel in dieser Arbeit verwendet und keine eindeutige Zuordnung zum Säuger-Mdr1 bzw. -Mdr3 vorgenommen. Die Detektion einer auffälligen Insertion von 20 Aminosäuren in der linker-Region der Dompfaff-Mdr Sequenz wurde nach Überprüfung mittels PCR und Sequenzierung auch bei fünf weiteren Vogelspezies gefunden, die interessanterweise alle der Superfamilie der Passeroidea angehörten. Zu dieser Familie zählen bis dato alle beschriebenen IVM-empfindlichen Vogelspezies, so dass eine Korrelation zwischen der IVM-Empfindlichkeit und dieser Mdr1-Insertion vermutet wurde. Ein Vergleich der Mdr-Sequenz des Dompfaffs mit dem Mdr1 anderer, teils auch evolutionär älterer Spezies aus der Gruppe der Fische, der Reptilien, der Amphibien und der Bakterien mittels Sequenzeinträgen der Gendatenbank, ließ bei keiner der untersuchten Spezies eine ähnliche Insertion erkennen. Der Vergleich mit dem Halbtransporter LmrA des Bakteriums Lactococcus lactis zeigte allerdings, dass die Insertion in dem linker-Bereich zwischen erster und zweiter Transmembrandomäne liegt, welcher bei den höher entwickelten Spezies die Fusionsstelle zweier Halbtransporter zu dem Mdr1-Volltransporter darstellt. Der linker weist dabei mehrere Phosphorylierungsstellen auf und dient der Flexibilität des Mdr1-Transporters. In der Überprüfung der Effluxfunktion zeigte das Dompfaff Mdr allerdings, entgegen der Eingangshypothese, einen aktiven und dem Mdr des Huhns annähernd vergleichbaren Substratefflux, sowohl für die fluoreszierenden Markersubstanzen Rh123 und DiOC2(3) als auch für IVM. Für die Modulation des Rh123-Effluxes durch IVM erwies sich das Dompfaff-Mdr mit einem IC50 Wert von 1,42 µM zwar im tierartlichen Vergleich am sensitivsten gegenüber IVM, doch war der Unterschied zu dem gemittelten IC50 der anderen Tierarten von 2,06 µM nicht sehr groß. Ein Defekt eines anderen Effluxtransporters als Ursache für die Überempfindlichkeit gegenüber Ivermectin ist als eher unwahrscheinlich anzusehen, da die hier untersuchten Vögel über ein funktionierendes, im Gehirn exprimiertes Mdr1-ähnliches System verfügen, welches mit Ivermectin auf einem ähnlichen Niveau wie das Mdr1 der hier getesteten Säuger interagiert. Abschließend bleibt zu klären, ob sich die beim Dompfaff und beim Stieglitz in der Literatur beschriebene IVM-Unverträglichkeit (Kummerfeld und Schäfer-Nolte 1987) auch in vivo im Tierversuch nachvollziehen lässt. Schließlich kommen als Erklärung auch interindividuelle Unterschiede durch Polymorphismen im Mdr1-System einzelner Vögel mit Auswirkung auf die IVM-Verträglichkeit in Frage oder eine ganz andere Ursache für die berichtete Toxizität nach IVM-Applikation. Interessanterweise erwies sich der Mdr1-Referenzhemmstoff PSC833 im Speziesvergleich als 10-fach potenter in der Inhibition des Säuger Mdr1 (IC50 durchschnittlich 0,74 µM) als der des Mdr‘s aus Huhn und Dompfaff (IC50 Wert durchschnittlich 7,98 µM). Damit zeigt sich hinsichtlich der Sequenz und der Funktion eine Vergleichbarkeit der Mdr1-Systeme der Vögel und der Säuger, welches sich aber hinsichtlich der Modulation durch verschiedene Substanzen teilweise erheblich unterscheidetn, so dass in spezifischen Fragestellungen nicht vom Säuger auf den Vogel extrapoliert werden kann.
Dagegen fanden sich nur geringe Unterschiede in der Effluxfunktion der Mdr1-Systeme wild lebender Tierarten, wie dem Luchs (Lynx lynx) und der Wildkatze (Felis silvestris silvestris), im Vergleich zu domestizierten Tieren, wie der Hauskatze (Felis catus) und dem Hund (Canis familiaris). Die Mdr1-Systeme der Vertreter wild lebender Tierarten zeigten dabei leicht höhere IC50 Werte für Verapamil, PSC833, Ivermectin und Spinosad, nicht aber für Praziquantel, und reagierte somit teilweise weniger sensitiv auf die modulatorischen Substanzeffekte als das Mdr1-System der getesteten Haussäugetiere. Für diese Unterschiede können in dem hier verwendeten Versuchsaufbau nur die genetischen Unterschiede verantwortlich gemacht werden, so weist z.B. die Wildkatze im Vergleich zu der Hauskatze insgesamt 15 unterschiedliche Aminosäuren in der Mdr1-Sequenz auf. Dass sich diese Sequenzunterschiede im Lauf der Evolution etablierten, um einem unterschiedlichen Nahrungs- bzw. Xenobiotikaspektrum gerecht zu werden, ist dabei allerdings eher unwahrscheinlich.
Bei den getesteten Antiparasitika konnte Spinosad an Hand von mit dem Mdr1-Transkript verschiedener Spezies stabil transfizierten Zelllinie als Mdr1-Inhibitor für das Mdr1 des Hundes, der Katze, der Wildkatze als auch des Huhns identifiziert werden. Der Hemmeffekt von Spinosad war sowohl auf die Rh123- als auch auf die DiOC2(3)-Effluxaktivität des Hunde-Mdr1 aber auch auf das Mdr1-System der anderen getesteten Tierarten nachweisbar. Durch die starke Interaktion, welche Spinosad mit dem Mdr1-Transporter aufweist, sollte von der gemeinsamen Applikation von Spinosad und weiteren Mdr1-Arzneistoffen abgeraten werden, da die Arzneistoffinteraktion am Mdr1-System zu iatrogenen Intoxikationen führen könnte. Daneben zeigte auch Praziquantel eine deutliche Hemmung sowohl des Rh123 als auch des DiOC2(3)-Effluxes in allen rekombinanten Mdr1 exprimierenden Zelllinien. Daraus könnten sich unerwünschte Arzneimittelwirkungen bei Applikation von Kombinationspräparaten, welche neben Praziquantel noch weitere Mdr1-Substrate enthalten, erklären lassen. Weiterhin kam es durch die Substanzen Fipronil, Chlorpyrifos und Toltrazuril zu unklaren Effekten, welche nicht eindeutig mit der Effluxinhibition des fluoreszierenden Substrats in Verbindung gebracht werden konnten. Diese hatten im initialen Substanzscreening einen inhibitorischen Effekt, bei der Bestimmung der EC50 Werte dann allerdings einen stimulatorischen, im Fall von Chlorpyrifos und Fipronil, oder keinen Effekt mehr, wie beim Toltrazuril gezeigt. Alle hier genannten Substanzen gilt es unter modifizierten Bedingungen wie z.B. in direkten Transportmessungen und hinsichtlich einer Substanzinteraktion mit v.a. veterinärmedizinisch eingesetzten Kombinationspräparaten weiter zu überprüfen.
P-gp ist ein wichtiger Effluxtransporter und schützt den Organismus vor der Aufnahme und Akkumulation von Fremdstoffen. Wie in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden konnte, existiert ein mit Pestiziden und anderen in der veterinärmedizinischen Praxis eingesetzten Arzneistoffen interagierendes Mdr1-System, welches eine annähernd vergleichbare Effluxaktivität bei Hund und Katze als auch bei Vögeln und anderen wild lebenden Tieren aufweist. Auch wenn die in früheren Studien in vivo beobachtete IVM-Empfindlichkeit des Dompfaffs in der vorliegenden Arbeit nicht mit einem Mdr1-Defekt in Verbindung gebracht werden konnte, wurde die signifikante Bedeutung des Mdr-Transporters für den Fremdstoff-Efflux beim Vogel als auch Unterschiede zu dem Mdr1-Transporter im Säugetier gezeigt.
Aktualisiert: 2019-08-14
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