Am schönsten sind nach alledem die Entwürfe des Esels
Aufsätze und Reden zu Architektur und Städtebau 1973 - 2003
Nikola Dischkoff, Vinzenz von Feilitzsch, Michael Wilkens
Die Art, in der die Architektur der Moderne „geradeaus schreitet, weil sie ein Ziel hat“, dieser heroische „Fortschritt“ rennt immer mit-dem-Kopf-gegen-die-Wand. Brauchbare Form entsteht aber nicht als visionärer Kraftakt, sondern auf dem Zick-Zack-Weg des von Le Corbusier geschmähten Esels, „der den großen Steinen ausweicht und den Schatten der Bäume aufsucht“ (und der, wie Corbu bedauert, alle Städte des Kontinents entworfen hat). Die Gebrauchsform entwickelt sich im Prozess, sie ist das anonyme Produkt dessen, was Loos die „Tischlerkultur“ genannt hat. Und der geradeaus schreitende Starrsinn der Moderne ist unter den Bedingungen des Neoliberalismus längst zu dem verkommen, was Wilkens „Starsinn” nennt. Die hier versammelten Schriften aus drei Jahrzehnten zeigen in den drei Teilen I Form und Gebrauch II Hausbau, Wohnbau, Quartiersbau III Stadt, Stadtzentrum und Erinnerung die Umrisse einer Planungspraxis, die im Sinne ostasiatischer „Wirksamkeit“ (Francois Jullien) mit den komplexen Umständen und Gewohnheiten der Situation agiert und nicht spektakulär gegen sie.
Wilkens, der vor allem durch die von Marcel Monard und ihm gegründeten „Baufrösche“ bekannt wurde, lehrte von 1974–2000 an der Universität Kassel Architekturtheorie. Von ihm erschien 2000 in Basel „Architektur als Komposition“.