Ameisenwege
Figuren der Schrift und des Lesens in der griechischen Antike
Lukas Dettwiler, Jesper Svenbro
Von den griechischen Verben für ‚lesen‘ ausgehend und gestützt auf Platons Dialog Phaidros, zeigt Jesper Svenbro die Entwicklung vom sklavischen Lesen zum kritischen lesenden Subjekt auf; dabei erfahren wir auch, wie Sokrates das Kunststück gelang, trotz Schreibverweigerung seine Gedanken in Platons Schriften der (akademischen) Nachwelt zu hinterlassen.
Woher kommt das griechische – und damit letztlich auch unser – Alphabet? Wer immer phoinikéïa grammata (= die Phönizischen, d. h. Buchstaben) sagt oder sich ihrer beim Schreiben bedient, erinnert sich im mythischen Denken der Griechen an die athenische Königstochter Phoiníke, die ‚Palmenprinzessin‘, zu deren Andenken das Alphabet erfunden worden sein soll. Jeder Schreib- und Leseakt also ein Trauerakt.
Auf ‚Ameisenwegen‘ führt uns eine neue Interpretation der Fabel ‚Die Zikade und die Ameise‘ – Embleme der menschlichen Stimme bzw. Schrift – ein weiteres Mal an die Akademie. Dort, in ihrem Innersten, liegt die Zikade aller Zikaden, Sokrates‘ Stimme, begraben.