Andacht und Identität
Zur Darstellung Christi in der Malerei der Florentiner Frührenaissance
Michael Hoff
Jesus Christus – die Darstellung des christlichen Heilands in der Kunst ist seit jeher auch die Darstellung von Konflikten: Einerseits soll seine ideale Herrlichkeit gezeigt werden, andererseits auch sein menschliches Leiden. Und nebenbei sollen die normativen Strukturen der christlichen Religion vermittelt werden, aber in einer affektgebundenen Form. Michael Hoff zeigt, wie diese Spannungen in der Florentiner Frührenaissance umgesetzt wurden. Die Bildkultur der Dominikaner-Observanten von San Marco gab in ihrer einzigartigen Vermittlung von Affektion und Kognition wertvolle Inspiration. Von deren Seelenlehren ausgehend, ließen sich fromme Laien Christusbilder malen, deren Ambivalenz von Leidensdarstellung und Schönheitswirkung zum Werkzeug für die Arbeit am Selbst der Betrachter wurde. Diese völlig neue Erwartung an das Sehen von Bildern erweiterte die Darstellungspotenziale der Malerei auf kunsthistorisch höchst belangvolle Weise. Religiöse Gemälde wurden zum privaten Sammelgut, die Affektgestalt Christi zum Paradigma für die Darstellung beseelter Figuren im Porträt. Auf innovative Weise wird der Blick auf Christus als ein visuelles Dispositiv analysiert, das die Entwicklung in der Kunst der Florentiner Frührenaissance vorantrieb.