Are we feeling better now? Fiktion und Autobiografie
Tübinger Poetik Dozentur 2009
Jonathan Franzen, Adam Haslett, Dorothee Kimmich, Philipp A Ostrowicz
Are we feeling better now? Fiktion und Autobiografie: In diesem Band der Tübinger Poetik-Vorlesungen 2009 beleuchten die beiden us-amerikanischen Autoren Jonathan Franzen und Adam Haslett das Wechselspiel zwischen dem eigenen Leben und dem eigenen Schreiben.
Was verspricht man sich von einer Poetikvorlesung, die von jemandem gehalten wird, der selbst schreibt? Es geht um Wissen, das man nur durch Erfahrung und eigene Erlebnisse erhält und weitergeben kann. Zugleich sollen Poetikvorlesungen aber auch keine Wiederholungen der Texte sein, die man bereits gedruckt lesen kann in Form von Romanen, Gedichten oder Essays. Es soll also die biografisch gesättigte Reflexion auf eigenes Schreiben und Lesen zum Thema werden. Poetikvorlesungen thematisieren und problematisieren so immer wieder und aufs Neue die Funktion, die Wirkung und die Rolle des Autors. Dabei geht es gar nicht nur um die Rolle des Autors im Text, für den Text oder für das Textverständnis. Es geht auch um die Person des Autors, um seine Stimme, seine Geschichte, seine Präsenz und seine Wirkung. So ist die Frage nach dem Autobiografischen im Roman nicht nur eine literaturwissenschaftliche Spielerei, sondern eine Frage, die gerade der anwesende, sprechende und lesende Autor immer wieder hört.
‚Ein Roman sollte, meiner Auffassung nach, ein persönlicher Kampf, eine unmittelbare und vollständige Beschäftigung des Autors mit seinem oder ihrem Leben sein. Diese Auffassung habe ich wieder von Kafka, einem Autor, der, obwohl er sich nie wirklich in ein Insekt verwandelt hat und in seinem Fleisch nie wirklich ein Stück Essen (ein Apfel vom Tisch der Familie!) hängen blieb und dort verrottete, sein ganzes Leben als Schriftsteller der Beschreibung seines persönlichen Konflikts mit seiner Familie, mit Frauen, mit moralischen Gesetzen, seinem Unbewussten, mit seiner Auffassung von Schuld und schließlich mit der modernen Welt widmete.‘ (Jonathan Franzen, Beschreibung eines Kampfes. Wie ich (meistens) daran scheitere zu schreiben)
‚Ich glaube ganz fest an die Idee, dass Schriftsteller/-innen diejenigen Bücher schreiben, die sie selbst gerne lesen würden. Als Leser sehnte ich mich nach einer Anerkennung des Tumults, der in meinem Inneren herrschte, und einer Anerkennung des Schmerzes, den mir meine missglückten Versuche bereiteten, offen und ehrlich anderen Menschen zu begegnen.‘ (Adam Haslett, Literatur als Form der Wahrnehmung)
Jonathan Franzen wurde 1959 in der Nähe von Chicago geboren und wuchs in einer Vorstadt von St. Louis auf. Derzeit lebt er in New York. Er studierte am Swarthmore College in Pennsylvania, seine Begeisterung für die deutsche Sprache und Literatur führte den damaligen Studenten auch nach Berlin und München. 1988 veröffentlichte er seinen ersten Roman Die 27ste Stadt; vier Jahre darauf Schweres Beben. International bekannt wurde Franzen mit Die Korrekturen, die 2001 mit dem National Book Award ausgezeichnet wurden.
Adam Haslett, Jahrgang 1970, studierte Literatur und Jura in Yale, Swarthmore und an der University of Iowa. Sein Debüt, eine Sammlung von Erzählungen mit dem Titel Das Gespenst der Liebe, erschien im Jahre 2002 und wurde 2006 mit dem PEN/Malamud-Award ausgezeichnet. Sein 2009 erschienener Roman Union Atlantic beschreibt die Finanzkrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts.