Arztpraxen im Vergleich: 18.-20. Jahrhundert
Elisabeth Dietrich-Daum, Martin Dinges
Gemeinsamer Ausgangspunkt der hier zusammengestellten Beiträge ist der Versuch, Überlieferungen von Arztpraxen aus den letzten zweihundert Jahren über längere Zeiträume zu analysieren und methodisch für Vergleiche aufzubereiten.
Aussagen über Berufsanforderungen, Praxiserfahrungen, Berufsbild, ökonomische Situation, Karrierechancen, Arzt-Patienten-Verhältnis und Patientenstruktur können allerdings kaum verallgemeinert werden. Diese Parameter waren offensichtlich unterschiedlicher als angenommen und einem schnellen historischen Wandel unterworfen. Gleichwohl zeigt der vergleichende Blick, dass Arztpraxen durchaus parallele, charakteristische Entwicklungen bzw. Konstanten aufweisen, etwa die Zunahme der Patientenzahlen mit der Etablierung des Arztes oder den Wunsch der Patienten und Patientinnen nach qualitätvoller Behandlung. Als gemeinsames Ergebnis kann auch der Hinweis auf die Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen durch sozialschwache Bevölkerungsschichten gelten. Zudem wird die Annahme relativiert, die ärztliche Sprechstundenpraxis hätte sich vorwiegend im 19. Jahrhundert herausgebildet. Für weitere Vergleiche stellt sich somit die Frage, ob mit Blick
auf das Arzt-Patienten-Verhältnis im 19. und frühen 20. Jahrhundert überhaupt von einer paternalistischen Beziehung ausgegangen werden kann, wie bisher angenommen wurde.