Aufgetrennte Tage
Gudrun Seidenauer
Die Geschichte zweier Frauen, Mutter und Tochter, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, aber ihre Erinnerungen nicht teilen können.
„Hermann ist tot, jetzt weiß sie es wieder ganz genau.“ Mariannes Mann ist über die Treppe gestürzt und hat sich das Genick gebrochen – ein Unfall. Sie weiß genau, wann das war: Sie hat es sich auf einem Zettel notiert, um es nicht zu vergessen, wie sie manchmal auf das Mittagessen vergisst oder den Namen der Nachbarin oder ihre Tabletten. Marianne hat Alzheimer, sie verliert ihr Gedächtnis, nun hat sie auch noch ihren Mann verloren. „Sie weint, weil sie weiß, dass es zu spät ist, obwohl er tot ist.“ Ein Unfall? Friederike, Mariannes Tochter, hat Zweifel. Ist ihre Mutter zur Mörderin geworden, um sich zu befreien?
Während sich Friederike durch den Tod ihres Vaters dazu gezwungen sieht, sich ihrer Mutter zu stellen, weicht diese immer weiter zurück: in eine Vergangenheit, in der sie noch Kind war und noch keine Taschen und Zettel brauchte, um nicht zu vergessen.
„Aufgetrennte Tage“ ist Gudrun Seidenauers zweiter Roman: behutsam, berührend und mit einer Einfühlsamkeit, die nie auf Kosten der sprachlichen Genauigkeit geht.