Aus Fehlern wird man klug
Eine genetisch-didaktische Rekonstruktion des "Messfehlers"
Susanne Heinicke
Moderne wissenschaftliche Erkenntnis stützt sich auf Daten. Ohne den Einbezug der Belastbarkeit solcher Daten ist ihre verlässliche Interpretation allerdings nicht möglich. Die Betrachtung dieser durch die Unsicherheit der Daten gegebenen Grenzen unseres Wissens wird in der physikalischen Ausbildung anhand der konventionellen — Fehlerrechnung — in mathematische Rechenroutinen verpackt. Sie stellen aus Sicht der Lernenden ohne Zweifel eine der unbeliebtesten Themen der physikalischen Ausbildung dar. Im Rahmen des Modells der genetisch-didaktischen Rekonstruktion geht die vorliegende Arbeit dieser Thematik aus dreierlei Perspektiven auf den Grund: Sie untersucht erstens die Vorstellungen und Schwierigkeiten deutscher Studierender über die Thematik. Zweitens unterzieht sie die konventionelle Fehlerrechnung einer kritischen Analyse und stellt ihr mit dem ISO-Guide to the Expression of Uncertainty in Measurement eine Alternative gegenüber. Die aufgezeigten fachlichen Inadäquatheiten der konventionellen Methode lassen sich drittens nur anhand der Klärung ihrer historischen Genese verstehen. Darüber hinaus zeigt die historische Klärung auf, dass die Vermittlung eine umfassendere probabilistische Betrachtung erfordert als es grundständige Vorlesungen und Praktika aktuell vorsehen. Anhand der ineinandergreifenden Ergebnisse der drei analytischen Bereiche werden Forderungen an eine optimierte Lernumgebung abgeleitet.