Bilingualer inklusiver Unterricht bei hörbeeinträchtigten und hörenden Schülern. Ein innovatives Unterrichtskonzept
Dokumentation einer wissenschaftlichen Untersuchung in einer inklusiven/integrativen Klasse in Wien.
Silvia Kramreiter
Im Schuljahr 2005/06 wurde in Wien eine Integrationsklasse mit fünf gehörlosen Schülern gebildet. 2008 kam ein weiterer gehörloser Schüler in die Klasse. Elf hörende und sechs gehörlose Schüler wurden nach dem Volksschullehrplan in deutscher Lautsprache und österreichischer Gebärdensprache unterrichtet.
Die Ressourcen waren strukturell dem österreichischen Integrationsgesetz angeglichen, d. h. alle Unterrichtsstunden wurden von zwei Pädagoginnen im Team gehalten. Eine Volksschullehrerin und eine hörende Gehörlosenlehrerin mit Gebärdensprachkompetenz unterrichteten den Großteil der Stunden. Weiters unterrichtete eine gehörlose Gehörlosenpädagogin einige Stunden im Team mit der VS-Lehrerin die Klasse.
Es definierte sich diese Klasse nach der „zielgleichen Integration“. Hier werden alle Schüler nach den gleichen Rahmenrichtlinien unterrichtet. Dies bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler mit Hörbeeinträchtigung zielgleich (mit den nichtbehinderten Schülerinnen und Schülern) nach dem Regelschullehrplan und unter Verwendung gleicher Unterrichtsmittel (Schulbücher) unterrichtet werden. Dies wiederum setzt voraus, dass die Schule die Möglichkeit hat, den so genannten „Nachteilsausgleich“ sicherzustellen. Konkret bedeutete der Nachteilsausgleich in dieser Klasse, der Einsatz von Gebärdensprache und die Berücksichtigung von speziellen gehörlosenpädagogischen Unterrichtsmethodiken im Unterricht für die Kinder mit Hörbeeinträchtigung. Weiters wurden für die gehörlosen Schüler zusätzliche Förderstunden zur Verfügung gestellt, wo der Lernstoff nochmals gefestigt werden konnte oder ein gezielter gehörlosenspezifisch-funktioneller Unterricht (Hörtraining, Artikulationstraining, therapeutisch-funktionelle Übungen) angeboten wurde.
Die Klasse wurde durchgängig drei Jahre lang untersucht. Um das Forschungsfeld möglichst umfangreich zu erschließen und es aus verschiedenen Perspektiven beleuchten zu können, wurden unterschiedliche Erhebungsverfahren und Analyseinstrumentarien verwendet.
Die Interviews aller beteiligten Personen (Eltern, Schüler, Lehrerinnen und Direktorin), das Befindlichkeitsprofil der Kinder und das Forschungstagebuch wurden kategorial dargestellt und zusätzlich wird der Klassenalltag durch Beobachtungssequenzen dokumentiert. Im Oktober 2008 wurde die Untersuchung abgeschlossen.