Brasilianische Gewerkschaften im Wandel
Der Novo Sindicalismo zwischen Pluralismus und Kooperativismus
Claudius Vellay, Achim Wachendorfer
Nur in wenigen Ländern konnten die Gewerkschaften in den letzten Jahrzehnten ihren Einfluss verstärken. Neben Südkorea und Südafrika zählt dazu vor allem die weltweit sechstgrößte Industrienation Brasilien. Der ungeheure Aufschwung der Gewerkschaften zur maßgeblichen politischen Kraft in den 1980er Jahren fußte auf ihrer zentralen Rolle in der Demokratisierung des Landes. Bedingung dieser Erfolgsgeschichte war der Bruch mit dem staatskorporativistischen Erbe aus der Militärdiktatur. Heute reagieren die brasilianischen Gewerkschaften mit Zentralisierung und Bürokratisierung auf die Umbrüche des industriellen Wandels.
Claudius Vellay zeigt, wie sich die Gewerkschaften in ihrer Suche nach neuen Wegen zwischen zwei Polen bewegen: der Vertretung des informellen Sektors einerseits und den Gefahren eines reinen Betriebssyndikalismus andererseits.
Besonders die vom größten Dachverband CUT geforderte Einrichtung betrieblicher Interessenvertretungen nach deutschem Vorbild droht – ohne entsprechende institutionelle Absicherung – in eine Sackgasse gewerkschaftlicher Zukunftsentwicklung zu münden.