Brasilianische Höhenflüge
Luftfahrtpioniere und Imaginationen von Nation und Welt in Brasilien, 1900-1922
Hans-Joachim König, Stefan Rinke, Leonie Schuster
Menschen strömen in Massen auf einem lokalen Platz zusammen. Sie heben
euphorisch ihren Blick zum Himmel und bestaunen das von einem Piloten durch
die Luft manövrierte Fluggerät. Reporter vor Ort halten den Moment in Text und
Bild fest und lassen so weitere Zeitgenossen aus der Ferne an dem medial vermittelten
Spektakel teilhaben. Nachdem der Pilot sicher gelandet ist, bejubeln und
beklatschen ihn die Schaulustigen, tragen ihn auf Schultern durch die Menge und
feiern ihn ausgiebig. Es folgen Lobreden, festliche Umzüge durch die Stadt und
gebührende Empfänge bei lokalen Autoritäten.1
Ob in Paris, New York oder Rio de Janeiro – diese Szene könnte sich in den
Pionierjahren der Luftfahrt zu Beginn des 20. Jahrhunderts so oder ähnlich an
diversen (vorwiegend urbanen) Schauplätzen abgespielt haben. In einer Zeit, in
der Fliegen eher Sensation denn Selbstverständlichkeit, mehr Experiment als
planmäßige Routine war, übten diese Technologie und insbesondere ihre Inszenierung
als sportliches Ereignis nahezu rund um den Globus eine ungebrochene
Faszination aus. Die Hauptrolle im zeitgenössischen ‚Luftfahrtdrama‘ oder auch
‚Flugspektakel‘ kam dabei den Luftfahrtpionieren zu, die im Mittelpunkt dieser
Untersuchung stehen.