Braune Verführer
Wie sich die deutsche Werbebranche den Nationalsozialisten andiente
Alexander Schug
Was 1933 in der deutschen Werbebranche passierte, war außergewöhnlich: Wie in kaum einer anderen Branche fügten sich die Werber dem neuen System, schwammen mit dem Mainstream und warfen über Bord, was sie noch kurz vorher, in den „goldenen 20er-Jahren“, hochgehalten hatten: Liberalismus, Freiheit und Marktwirtschaft. Die Branche diente sich den Nationalsozialisten an, schaltete sich in einem einmaligen Prozess selbst politisch gleich und drängte schon bald alle Juden aus diesem Markt, um einem übertrieben schwülstigen Deutschtum zu huldigen. Das alles ist Geschichte, doch hat sich die Branche, die sich oftmals als Motor der modernen Konsumgesellschaft und des Kapitalismus versteht, kaum mit diesem Kapitel auseinandergesetzt – zu sehr ist man damit beschäftigt, den immer neuen Moden hinterherzueifern. Das funktioniert nur, wenn politische Maßstäbe, Moral und Nachdenklichkeit über die eigene Rolle in der Gesellschaft ignoriert werden. Die Geschichte der deutschen Werber im Nationalsozialismus ist deshalb auch fallbeispielhaft zu verstehen: Wenn Werbung und Kapitalismus keine moralischen Grenzen kennen, stimmt mit dieser Branche und dem System etwas nicht. Wozu das führen kann, beleuchtet diese Biografie
einer ganzen Berufsgruppe. Eine gut lesbare Untersuchung der Werber im Nationalsozialismus, ihrem historischen Sündenfall, ihrem Selbstverständnis und ihren fragwürdigen Gesellschaftsvisionen.