Brummlg’schichten – CDs
Die Faschingsnacht /Der Mord
Kurt Wilhelm
Kurt Wilhelm errinert sich:
Folge 6: Die Faschingsnacht
Ende Januar ’48 konnten Lang und Gallauner zeigen, daß sie das Schwerste, was einem Schauspieler abverlangt werden kann, meisterhaft beherrschten, nämlich glaubhaft Betrunkene zu spielen. Zenzi will diesmal Schauspielerin werden. Sie besteht darauf, Herrn Brumml die ‚Jungfrau von Orleans‘ vorzusprechen. Olf hatte dabei eine erfolgreiche Szene der Gallauner aus dem ‚Bunten Würfel‘ in kleinen Teilen übernommen. Auch das abschließende Chanson “Es wär so schön, wenn i schön wär“ von Fred Rauch war dort eine ihrer Erfolgsnummern gewesen. Das Publikum, darunter abermals Oberbürgermeister Scharnagl, waren bei den Aufnahmen höchst amüsiert. In der musikalischen Umrahmung kam diesmal als besondere Musikgaudi Glenn Millers ‚In the mood‘, sowie ‚Cocktails for two‘ als Imitation des Grotesk-Orchesters von Spike Jones dran. Natürlich mit bayrischem Text. Gesungen von den Isarspatzen. Von nun an kam zu denen in jeder Folge noch ein damals bekannter, prominenter Gesangssolist. Zunächst Lieselotte Hösel, dann die King-Kols. Später Gitta Lind u.a.
Folge 7: Der Mord
Wurmdoblers penetrantes Werben um die Zenzi war inzwischen ein ständiger Handlungsbestandteil geworden. Er wollte sie ums Verrecken heiraten, sie aber nicht ihn. Nicht dass sie ihn nicht mochte, sie zierte sich nur und änderte ständig ihre Meinung. Anlass für viele grotesk motivierte, verzinkte weitere Heiratsversuche des Wurmdobler Tonerl. Einen ersten Höhepunkt des Dauerwerbens brachte Folge No. 7, ‚Der Mord, ein trauriges Drama‘. Die Zenzi ist hier ganz besonders beeinflussbar für mystische Hintergründe und Ereignisse, weil sie grad dem Kartenlegen frönt. Der Amischlager auf bayrisch war ‚Shorty George‘ aus dem Rita-Hayworth-Film ‚Es tanzt die Göttin‘. Gesangssolistin war abermals Liselotte Hösel.
Buch und Theater:
Schon zur Zeit der Folge 6, Anfang Februar 1948 hatten die ‚Brummlg’schichten‘ bereits eine solche Popularität erlangt, daß Verlage mir vorschlugen, ein ‚Brumml-Buch‘ mit Anmerkungen zur Serie und Texten der Folgen herauszubringen. Während ich daran schrieb machte uns der Intendant des Münchner Volkstheaters, Willem Holsboer, das ehrenvolle und seriöse Angebot, ein Brumml-Bühnenstück für sein Haus zu verfassen. Er spielte nach der Zerstörung seines Urtheaters nahe der Sonnenstraße nun im Silbersaal des Hotels ‚Bayrischer Hof‘ und war den Münchner Kammerspielen assoziiert. Wir freuten uns sehr – nur, welche Geschichte sollten wir spielen? Unsere bisherigen waren ja reine Hörshows von 1 bis 1 1/4 Stunden, ohne Dekors und optische Bühnenwirkungen. Olf beschloß daher, ein neues, abendfüllendes Brumml-Theaterstück zu schreiben, das dann wirklich um die Zeit der Währungsreform herum unter dem Titel ‚Hypnose‘ monatelang 1948/49 gespielt wurde. Leider gibt es davon nicht mal ein Tondokument.
DIE BRUMML-STARS: RUDOLF VOGEL
Der Sohn des berühmten Insel-Verlag-Gründers Alfred Heymel, geboren in Planegg, wurde mit 19 Jahren der schlechteste Bankkaufmann aller Zeiten. Er spekulierte, lumpte die Nächte durch, kam morgens beschwingt im Frack in die Bank, und nahm alles als Jux. In der Inflationszeit war das ja egal. Nach der Währungsreform 1924 aber prüfte man seine Bücher. Da stimmte nicht eine Zahl. Raus mit ihm! Er bewarb sich als Schauspieler, obwohl ihm alle abrieten. Hatte am Staatstheater Debut in einer kleine Rolle, gemeinsam mit zwei jungen Burschen namens Heinz Rühmann und Paul Verhoeven. Wurde engagiert, aber vom nächsten Intendanten sofort entlassen. Er fand ein neues Engagement in Hof, wo man den 25-jährigen den Greis Attinghausen im ‚Tell‘ spielen ließ, und in ‚Hamlet‘ gleich drei Rollen: Geist und 1. Totengräber und den 1. Schauspieler. Die Theaterfriseure jammerten: für so einen Eierkopf hätten sie keine Perücken. Nach Jahren als nächste Station: Die Bayerische Landesbühne. 120 Mark Monatsgage, Verpflichtung ‚alles‘ zu spielen und als Reiseleiter zu fungieren. Dabei schuf er ein solches Chaos, dass man ihn bloß noch spielen ließ. Nach drei turbulenten Jahren kam er wieder ans Staatstheater München. Ein Kritiker schrieb: „Da stelzte so ein lächerlicher Provinzvogel auf der Bühne herum. Er glich eher einem Irren als einem Schauspieler“, und nach der nächsten Rolle: „Nie wieder werde ich einen guten Schauspieler nach einer schlechten Regie beurteilen“. Als ich ihn nach dem Krieg kennenlernte, war er am Staatstheater der Mann für alles, die ‚Grande Utilité‘. für Klassiker, Moderne, Bayrisches, in Hauptrollen, Nebenrollen, Kurzauftritten, Klamotten und Charakterstudien. Er gehörte zu München, man kannte ihn. Als er mal nach einem Konzert auf Hans Hotter inmitten von Fans des Sängers wartete, hörte er Zwei sagen: „Ob der Hotter noch kommt?“ – „Weiß net. Aber da hinten steht der Vogel. Schau Dir den derweil an“. In Brumml-Folge 1 beging ich einen schlimmen Anfängerfehler. Ich besetzte ihn mit der Rolle des Friseurs. Den Wurmdobler gab ich einem anderen Schauspieler, wegen dessen halsigen Stimme. Er hatte zwar wenig Humor, aber ich dachte, die Rolle (die ich immerhin selber geschrieben hatte) erfordere keinen. Den Friseur schickte mir der Rudi beleidigt tobend, wie nur er toben konnte, zurück und hieß mich einen krummen Hund, der nichts vom Besetzen versteht. Der Wurmdobler sei seine Rolle! Ich verstand damals wirklich zu wenig und erkannte die Möglichkeiten der Wurmdobler-Figur nicht. Als Vogel daraus eine Institution an Seltsamkeit und Zeitsatire machte, hatte ich Entscheidendes gelernt. Er machte den Wurmdobler zur überall populären Figur. „Grüß Sie der Himmel, Herr Brimmel“ wurde zum geflügelten Wort, das mir sogar 30 Jahre später noch entgegen scholl, als ich in Sydney/Australien ein deutsches Büro betrat. Der Gräfelfinger Lando Lotter konnte noch ganze Brumml-Dialogtrümmer auswendig. Dem Rudi wurde die Figur zum Albdruck. Alle grinsten ihn an, mit „Jö, der Wurmdobler“. Da tobte er: „Mein Name ist Vogel! Rudolf Vogel! Ich bin Schauspieler, und der bläde Wurmdobler ist eine Rolle, sonst nix!“ und gab den Leuten klagbare Namen. Sein Waterloo erlebte er, als er harmlos aufs Oktoberfest ging, und flüchten mußte, weil eine lachende, grölende Menschentraube ihn verfolgte. Er hat noch viele Rollen gespielt und in vielen Filmen mitgewirkt und wurde immer prominenter. Das Etikett Wurmdobler wurde er nie mehr ganz los. Diesen Namen hatte ich übrigens einem Orchestermusiker des Funks entlehnt. Der Arme hatte daraufhin ebenfalls viel zu leiden.