Bürgerlichkeit, Staat und Kultur im Deutschen Kaiserreich
Rüdiger vom Bruch, Hans-Christoph Liess
Das Deutsche Kaiserreich wurde lange als obrigkeitsstaatlich-verkrustet und als untypisch rückwärtsgerichtet wahrgenommen. Erst seit etwa zwanzig Jahren richtet sich der Blick der Forschung schärfer auf Modernitätsimpulse einer bürgerlich geprägten modernen Industriegesellschaft in ständiger Reibung mit spätfeudalen Strukturen. Die meisten der in diesem Band versammelten Aufsätze Rüdiger vom Bruchs lassen sich dieser neuen Sichtweise zuordnen.
Der erste Teil des Bandes orientiert sich an Max Webers Paradigma kultureller Vergesellschaftung. Thematische Schwerpunkte sind die wissenschaftsförmige Disziplinierung im 19. Jahrhundert, fortschrittsoptimistische Machbarkeitsphantasien, zeittypische Wissenschaftsgläubigkeit und kulturelle Umbruchserfahrungen sowie damit einhergehenden Verwerfungen in dem den Kulturdiskurs formenden Bildungsbürgertum.
Der zweite Teil zielt auf gesellschaftliche Reformimpulse zur inneren Integration der jungen Staatsnation und auf kulturelle Modernisierungsleistungen im Kaiserreich. Die Beiträge behandeln u. a. konfessionelle Reformbewegungen wie die Innere Mission und den Evangelisch-Sozialen Kongress.
Ein ausführlicher Beitrag ist der bürgerlichen Sozialreform im Kaiserreich im Kontext von Verwissenschaftlichung und Konfessionalisierung struktureller Modernisierung gewidmet.
„Es besteht kein Zweifel: wer das Deutsche Kaiserreich nicht nur in seinen sozialökonomischen und politischen, sondern ebenfalls in seinen geistig-kulturellen Grundbedingungen und Aspekten verstehen möchte, wird künftig nicht umhin können, zu dem Band der gesammelten Studien Rüdiger vom Bruchs zu greifen.“ Das Historisch-Politische Buch