Ca ira
Roman
Alexander Bolz
Dieser Roman ist etwas Besonderes, denn er transportiert die Helden der Französischen Revolution in die Bordelle des modernen Rom, wo sie mit Busfahrern, Nutten und verkannten Genies ihre Revolution verwirklichen, die in einem absurden Feuerwerk gipfelt.
Zum Autor: Alexander Bolz, Dr. phil., Jahrgang 1962, Studium der Literatur, Geschichte und Philosophie, hat längere Zeit in Rom gelebt. Über Jahre hinweg hat er den Mittelmeerraum bereist. Er arbeitet als Autor und Regisseur von TV-Dokumentationen und Reportagen. Seine Texte werden getragen von gedanklicher Klarheit und einer lebendigen Sprache, wobei sie stets von einer feinen Ironie durchzogen werden.
Zum Buch: Mehr noch als die ‚Marseillaise‘ war ‚Ca ira‘ das Kampflied der Massen, der Armen, der Entrechteten der Vorstädte. Nach dem Sieg der Reaktion wurde es verboten, um es aus den Köpfen der Menschen zu verdrängen. Der Roman läßt die Zeit des Terreur lebendig werden, aber nicht als historisches Ereignis, sondern als als ein gegenwärtiges.
„Der Autor schreibt gegen das große Vergessen, gegen den allgemeinen Gedächtnisschwund, gegen die totale Verdrängungsmaschinerie, die nicht nur links, sondern auch rechts funktioniert: Literatur als die andere ‚Ästhetik des Widerstands‘, die die verratenen und verlorenen Menschheitsutopien einklagt. Es lohnt sich, dem Autor zuzuhören.“ Radio Bremen.
Leseprobe:
Langsam öffnete sich die winzige Pforte ganz unten im linken Flügel des wuchtigen Tores. Fast vier Meter reckten sich die glatt vernieteten Stahlplatten. Ein Mann kam aus dem Dunkeln. Stattlich, dunkelbraunes Haar, wuchtiger Schnauzer. Seine Joppe war billig und längst aus der Mode, denn in Boizenburg hatten Garn und Sackleinen kopuliert. So war der verbeulte Pappkarton, den eine morsche Schnur zusammenhielt, fast schon ein Schmuck. Er klemmte unter seinem Arm und auf dem Kopf trug der Mann eine karierte Mütze. Auch sie verströmte Lavendeldüfte. Das dumpfe Scheppern ließ ihn kurz über die Schulter blicken, um dann in den Taschen nach Zigaretten zu fingern. Er fand die Gitanes und mit den Lippen zog er einen Kotzbalken aus der zerknitterten Schachtel. Nachdem dieser brannte, und er einige kräftige Züge gemacht hatte, sah er hinauf zu dem Platanendach, das durch die Frühlingssonne hellgrün leuchtete. Am Trottoir jagten die Autos in Vierer- und Fünferreihen vorbei, doch er ging hindurch, ohne den tödlichen Strom zu beachten, auf die andere Seite des Quai gauche. Dort lehnte er sich auf die steinerne Brüstung. Das graue Wasser nahm sprudelnd seinen Weg durch die Dreimillionenstadt. Er aber war versunken, tief in Gedanken. Dann schnippte er die Kippe hinunter und sah, wie sie zischend starb. Da lächelte Haakon.
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