Christian Bodem
DER STRICH
ist es. Beim Zeichnen gilt es, das dreidimensionale Objekt – gleichwohl ob Menschen, Tiere, Figuren, Gebäude oder Landschaften – auf ein zweidimensionales Blatt zu übersetzen. Das ge- schieht im Kopf. Dabei werden räumliche Zusammenhänge auf flächige Proportionen reduziert. Das gelingt nicht immer, doch sollten Fehler in der Zeichnung belassen werden, denn durch Korrekturen wird die Zeichnung lebendig und man erkennt den Werdegang bis zum Ergebnis. Der Radiergummi ist der Feind der guten Zeichnung.
Es muss aber nicht immer Bleistift sein. Es gibt noch viele andere Zeichenmedien – von Tuschefe- der, Ölkreide, Kohlestift, Filzstift, Fineliner ….. bis zum Nagel, mit dem Linien in eine Metallplatte für eine Kaltnadelradierung geritzt werden.
Jedes Medium hat eine eigene Dynamik der Strichführung. Es können Striche betont oder nur angedeutet werden, um der Zeichnung eine eigene Dramaturgie zu verleihen:
Inszenierung und Regie der Zeichnung.
Immer soll die Zeichnung auf das Wesentliche reduziert werden. Wenn das Bauchgefühl sagt, das und nicht mehr will ich darstellen, sollte man unbedingt aufhören. Andeutungen, wo es in der Natur weitergeht, regen die Phantasie des Betrachters mehr an, als alles zu Ende Gezeich- nete. Sonst besteht die Gefahr, das Blatt „totzuzeichnen“.
Das Wesentliche zu erkennen erfordert totale Konzentration und die Aufmerksamkeit darauf zu fokussieren. Alles andere rundherum wird ausgeblendet.
Wenn das gelingt – und das ist Schwerstarbeit! – dann kann der Strich mehr aussagen als ein Gemälde, der Strich ist lebendig und der Zeichner am Ende völlig fertig – aber glücklich!