Daheim im Nirgendwo
Ein europäischer Lebensweg
Katerina Metallinou-Kiess
Wenn ein Grieche seine Heimat mit ihrem strahlenden Licht, dem nach Thymian duftenden Wind und den wilden Bergen, umgeben von tiefblauem Meer verlässt, muss er einen triftigen Grund dafür haben. So kamen in den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts Tausende von Griechen nach West- und Mitteleuropa, um ihr Glück zu suchen und ihre Lebensumstände zu verbessern. Denn der erste Weltkrieg, die ‚Katastrophe von Kleinasien‘ mit der Umsiedlung der kleinasiatischen Griechen auf die Inseln und das Festland, der Zweite Weltkrieg mit seinen Zerstörungen und Massakern und der brudermordende Bürgerkrieg, der ihm folgte, hatten das Land und seine Menschen schier ausbluten lassen.
Viele Griechen sind dem Ruf Europas nach Arbeitskräften gefolgt und haben versucht, auch sich in Deutschland eine sichere Existenz aufzubauen. Viele haben Familien gegründet und sind mit ihnen hiergeblieben. Die meisten sind, nach Jahren harter Arbeit, als alte Menschen wieder zurückgekehrt. Manche auch ohne ihre Kinder und Enkel. Nicht wenige pendeln zwischen Deutschland und Griechenland hin und her. Ihnen allen gemeinsam ist ein Gefühl der Entwurzelung, eine Schwermut, eine Sehnsucht nach der Heimat, die sie vielleicht gar nicht kannten. Einer Heimat, die sich vielleicht so verändert hat, dass sie kaum wieder zu erkennen ist. Auf Griechisch nennt man diesen Schmerz Nostalgía. Ein schwer zu beschreibendes Leiden, ein Wunsch nach Heimkehr, auch ohne konkreten Ort.