Das Doppelleben des Polizisten Willy S.
Erinnerungen an die Zeit, als Zürich brannte
Tanja Polli
Der Stadtpolizist Willy Schaffner, geb. 1950, war erst wenige Wochen im Dienst des KK III, der politischen Abteilung der Stadt Zürich, als im Frühling 1980 der »Opernhauskrawall« die Stadt in einen Schockzustand versetzte. Die Polizei war überfordert, und so schickte man Schaffner als verdeckten Informanten in die Jugendbewegung. Fünf Jahre lang führte er ein Doppelleben. Seine Enttarnung durch die »WoZ« erfolgte 1986; ein Jahr nachdem er aus der Rolle des Willi Schaller, so sein Pseudonym, ausgestiegen war. Was dann folgte, hätte ihm den Boden unter den Füssen weggezogen, wäre da nicht seine Frau gewesen, die ihm auf dem Weg zurück zu seinem alten Ich zur Seite stand. Auch dann, als Anfang der Neunzigerjahre der Fichenskandal das Weltbild des Polizisten endgültig zum Einstürzen brachte. Anfang 1999 erlangte Willy Schaffner nochmals nationale Berühmtheit. Diesmal im positiven Sinne: Er liess sich in der griechischen Botschaft in Zürich freiwillig gegen eine Geisel austauschen, die von kurdischen Aktivisten festgehalten wurde. Ab 2006 bis zu seiner Pensionierung, die 2014 erfolgte, leitete er eine kleine, präventiv tätige Fachgruppe der Stadtpolizei Zürich.
Inzwischen, sagt Willy Schaffner, könne er mit der Summe dessen, was er geleistet habe, leben. Er ist überzeugt davon, dass Zürich die weltoffenste und schönste Stadt der Welt ist. Nicht ohne anzufügen, dass sie dies ohne die Achtziger-Bewegung wohl nicht geworden wäre. Dennoch lebt er heute wieder dort, wo er aufgewachsen ist – im Urnerland.