Das Mediale
Die Suche nach der Einheit der Religionen in der Religionswissenschaft
Rainer Neu
Mythen und Märchen, religiöse Biographien und Sagen, schamanische Jenseitsreisen und priesterliche Rituale, die Architektur von Sakralbauten, die Religionsphilosophie der Romantiker, die einfühlsamen Untersuchungen der Religionsphänomenologen und die kritischen Analysen der Religionssoziologen vom Funktionalismus bis zur hochabstrakten Systemtheorie verweisen auf ein Gemeinsames in den Religionen. In der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen lassen sie ein allgemeines Strukturmerkmal erkennen: das Mediale. Das Mediale erweist sich als der eigentliche Gegenstand der Religionswissenschaft. Es steht für die Einheit in den Religionen bei gleichzeitiger Anerkennung ihrer Unterschiede und Besonderheiten. Die religiösen Erscheinungsformen entstammen einer Sphäre ursprünglicher Einheit (dem Heiligen), fallen in divergierende Pole auseinander (das Heilige – das Profane) und streben nach erneuter Integration (dem Medialen). So lässt sich Religion als Prozess des Austausches zwischen den Polen heilig – profan analysieren. Religiöse Erfahrung ist möglich, wo sich diese Sphären durchdringen.