Das Phänomenologische und das Symbolische
Marc Richirs Phänomenologie der Sinnbildung
Philip Flock
German:Die vorliegende Studie untersucht die Phänomenologie der Sinnbildung bei Marc Richir. Sie ist die erste in deutscher Sprache vorgelegte Untersuchung zu Richirs Versuch einer Neugründung der Phänomenologie. Dieser Versuch besteht zum einen in der Thematisierung der Phänomenalität der Phänomene als solcher und der Ausarbeitung eines Schematismus der Phänomenalisierung; zum anderen aus der Erweiterung der phänomenologisch-eidetischen Sphäre um die Dimension des Symbolischen. Diese Umgestaltung der phänomenologischen Architektonik führt zu einer umfangreichen Neubewertung phänomenologischer Grundbegriffe: transzendentales Bewusstsein, Zeitkonstitution, phänomenologisches Wesen, phänomenologische Reduktion und Epoché u. v. a. Besonders in der mittleren Schaffensperiode entsteht daraus eine Phänomenologie der Sinnbildung, deren Ziel es ist, das genetische „Abenteuer“ des Sinns zu ergründen. Der Sinn ist gleichsam einer doppelten Gefahr ausgesetzt: einerseits sich in der Proteusartigkeit und Flüchtigkeit der aufkommenden Sinnregungen zu verlieren; andererseits sich im symbolischen Gestell der Stiftungen zu entfremden. Die These der vorliegenden Studie lautet, dass dieses doppelte Schweben der Sinnbildung in der Verschränkung verschiedener Zeitschematismen gründet. Das klassische immanente und prä-immanente Zeitbewusstsein verschränkt sich mit der Proto-Zeitigung und Proto-Räumlichung des Schematismus der Phänomenalisierung und den Zeitkategorien des Symbolischen. Die Integration dieser symbolischen Zeitkategorien – Überstürzung, Wiederholung und Nachträglichkeit als Zeitigungsweisen des Nicht-Erscheinens – in die Phänomenologie führt zu einer enormen Erweiterung der Dialog- und Anschlussfähigkeit derselben. Die vorliegende Untersuchung versucht zudem die theoretischen Kontexte, die diese Umgestaltung der phänomenologischen Architektonik motivieren, zu versammeln. Neben klassischen phänomenologischen Autoren wie Husserl, Heidegger und Merleau-Ponty spielen Denker wie Kant, Freud, Lacan und Derrida eine zentrale Rolle.
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