Das Spiel des Tauchers
Jesse Ball, Alexander Lippmann
Die Welt hat einen Kollaps erlitten. Die Tierpopulation ist zu-sammengebrochen, die Konflikte haben sich verschärft und gipfeln in einem „letzten, gewaltigen Krieg“. Eine riesige Zahl von Flüchtlingen ist die Folge. Die Gesellschaft hat sich in das verwandelt, was der Erzähler des ersten Teils als „eine Art mo-dernes Sparta“ beschreibt: eine brutal hierarchisierte Kultur. Zuwanderer werden durch ein Brandzeichen im Gesicht und später durch die Entfernung eines Daumens gekennzeich-net und rechtlich als Unpersonen definiert. Sie werden in ummauerte Bereiche außerhalb jeder Stadt eingepfercht, die Quadranten genannt werden. Diese Menschen werden als Quads oder – noch zynischer – als Neuner bezeichnet. Die Bürger – oder Pats – sind mit tödlichem Gas bewaffnet, das sie ungestraft gegen die Quads einsetzen können. Aber auch ihr eigenes Leben ist streng reglementiert.
„Das Spiel des Tauchers“ ist eine eindringliche Parabel über Pflicht, Moral und Gewalt. Jesse Ball entwirft ein scharfes und unbequemes Bild unserer Welt, in der die Tötung der Schwa-chen durch die Starken zur Normalität geworden ist: Hinrichtungen, außergerichtliche Tötungen, häuslicher Mord. Der Roman funktioniert als Fabel nicht nur über den Umgang mit Migranten, sondern auch über Antisemitismus und Sklaverei. Indem er seine fiktive Realität von der unseren abstrahiert und sie in ihren Grundzügen darstellt, macht er die moralischen Grundlagen unserer Gegenwart deutlich: ein hartes Urteil über unseren Mangel an Empathie und unseren Wunsch, andere in Personen und Nicht-Personen zu unterteilen.