Das Ungeheuer von Tirol
Requiem an einen Mörder
Clemens Lindner
Die mittellose Mutter verkauft Hugo, ihr Kind, als billige Arbeitskraft an den Lucknerbauern. Am Hof des Tyrannen erfährt der Bub nur Kälte, Abweisung und Schläge. Auch in der Schule wird er gehänselt, weil er ein uneheliches Kind ist. Hugo wird ein schweigsamer, linkischer Junge, der sich nur in der Einsamkeit der bizarren Bergwelt wohl fühlt. Er legt Höhlen an, in denen er sich tagelang verkriecht. Wenn er heimkommt, setzt es erneut Prügel und Essenentzug. Mit 16 Jahren verlässt er den verhassten Bauernhof und schlägt sich als Hilfskraft am Bau, Zeitungskolporteur, mit kleinen Diebstählen und Hehlerei durchs Leben. Er wird für den Kriegsdienst eingezogen und desertiert.
Im Hungerwinter 1946/47 streift er durch das Auffanglager Gnadenwald für Flüchtlinge und KZ-Überlebende und beginnt eine Karriere als Schlepper, um die Gestrandeten über die Grenze nach Italien zu führen. Hugo lässt sich seine Dienste nicht nur mit barer Münze bezahlen. Er vergewaltigt Mascha Silberstein.
Zu Hause ist Hugo ein vorbildlicher Familienmensch, der sich rührend um Frau und Tochter kümmert. Als Hugo einige Monate später eine englische Touristin verschleppt und tötet, in der Höhle jedoch persönliche Gegenstände zurücklässt, die ihn verraten, setzt eine beispiellose Hetzjagd auf ihn ein. Wochenlang spielt er Katz und Maus mit den Behörden, bis er von Karabinieri in einer Almhütte verhaftet wird.
Der Prozess am Landesgericht schlägt hohe Wellen und bringt ihm eine lebenslange Haftstrafe ein. Im Gefängnis ist er ein ruhiger vorbildlicher Sträfling, der für seine Mithäftlinge strickt. Sonst weiß kaum einer etwas über ihn. Er gilt als Inbegriff des Bösen, obwohl er Opfer ist. 1960 stirbt er in einer Haftanstalt in Süditalien. Den Priester, der ihm die letzte Ölung geben will, schickt er fort.
Der von Clemens Lindner vorgelegte Kriminalroman erzählt in ergreifender Weise von einem Frauenmörder, der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Nord- und Südtirol sein Unwesen treibt – wie der Frauenmörder Guido Zingerle, der 1962 im Alter von 60 Jahren als „Ungeheuer von Tirol“ in einem italienischen Gefängnis starb.