Das ungeliebte Erbe
Ein Vergleich der zivilen und militärischen Rezeption des 20. Juli 1944 im Westdeutschland der Nachkriegszeit
Tobias Baur
Das Attentat des 20. Juli 1944 entfaltete trotz seines Scheiterns nach Kriegsende eine beachtliche Wirkung. Während sich dieses Datum unter den ehemaligen und zukünftigen Soldaten durch heftige Konflikte hindurch als die wesentliche Wurzel der Konzeption «Innere Führung» für eine neuartige Armee durchsetzte, blieb es bei der Mehrheit der Bevölkerung ein ungeliebtes und vorwiegend durch Gedenkreden am Leben gehaltenes Erbe. In dieser vergleichenden Rezeptionsgeschichte des 20. Juli soll die Verzahnung von Gesellschaft und Militär in der jungen Bundesrepublik bis 1959 analysiert werden. Dieses kann exemplarisch anhand eines Themas gelingen, das wie kein zweites Militärs und Zivilisten herausfordert und das aufgrund des schmerzhaften Vor-Augen-Führens des eigenen Nicht-Widerstehens von Anfang an unbequem war. Dabei werden nicht nur Gedenkreden und offizielle Verlautbarungen in Bundeswehr-Publikationen, sondern auch Umfrageergebnisse, Tageszeitungen, Schulbücher und Radiosendungen ausgewertet.