Dem Menschen zugewandt
Sonja Andruschak Dr. , Sabine Mirbach Dr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
so wie Psalm 89 die Freude über Gottes Barmherzigkeit mit der Weitergabe von Erfahrungen mit Gott an die jüngeren Menschen verbindet, so stellt auch Papst Franziskus in seinen Predigten und Texten zum Jahr der Barmherzigkeit heraus, dass Gottes Barmherzigkeit Geschenk und Auftrag ist, zu dem
Christinnen und Christen in besonderer Weise herausgefordert sind. Das Jahr der Barmherzigkeit ist ein willkommener Anlass, sich der göttlichen Barmherzigkeit neu bewusst zu werden. Die Dankbarkeit, die daraus erwächst, schenkt neue Motivation, Zeugnis für diese Erfahrung abzulegen und so zu leben, wie es dem Auftrag entspricht: „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist“ (Lk 6,36). Papst Franziskus stellt die Glaubenspraxis in den Vordergrund, die sich in der konkreten Zuwendung zu den Menschen zeigt, die der Unterstützung bedürfen.
Dem Menschen zugewandt – das ist ein wesentlicher, wenn nicht der zentrale Aspekt des christlichen Gottesbildes. Auch im Judentum und im Islam nimmt die Barmherzigkeit Gottes einen hohen Stellenwert ein. Und: Dem Menschen zugewandt meint zudem immer auch den Menschen selbst, der sich an- deren zuwendet – nicht zuletzt aus der Erfahrung, dass Gottes Zuwendung für ihn spürbar ist.
Im Jahr der Barmherzigkeit wurde und wird auch in der Erz- diözese Freiburg diesem dringlichen Anliegen des Papstes in besonderer Weise Rechnung getragen; denn es dürfte nicht von der Hand zu weisen sein, dass gerade angesichts der aktuellen globalen und gesellschaftspolitischen Situation die Frage der Barmherzigkeit alle angeht. Und so dokumentieren auch die Tage der Religionslehrerinnen und Religionslehrer mit Erzbischof Stephan Burger im Herbst 2016 die hohe Brisanz, dieses Kernanliegen christlichen Glaubens auch im schulischen Kontext sichtbar werden zu lassen. Ein Auszug aus seiner Rede Barmherzigkeit öffnet das Herz bildet daher das Vorwort zur vorliegenden Ausgabe.
Den Grundlagenteil zum Schwerpunktthema eröffnet ein Artikel von Burkhard Menke, der zusammenträgt, welche Bedeutung Papst Franziskus in seinen bisherigen Veröffentlichungen dem Thema Barmherzigkeit zuschreibt. Thomas Söding analysiert die neutestamentlichen Grundlagen und nimmt dabei besonders das Verhältnis von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in den Blick. Der Beitrag von Paul M. Zulehner widmet sich praktischen Auswirkungen der Barmherzigkeit, worin er einer Politik der Angst Vertrauen durch Bildung entgegensetzen möchte. Yaacov Zinvirt und Mouhanad Khorchide zeigen Grundlagen des Barmherzigkeitsverständ- nisses ihrer jeweiligen Religion auf und ermöglichen damit einen Blick über das Christentum hinaus.
Welche Bedeutung Barmherzigkeit in der schulischen Praxis haben kann, wird in den Rubriken Religionsunterricht und Religionslehrerinnen und Religionslehrer deutlich. Brigitte Muth-Detscher beschreibt das Konzept des Lernens am gemeinsamen Gegenstand im inklusiven Religionsunterricht. Das Interview mit Sandra Michels stellt die Fortbildungen zu Tod und Trauer in der Schule vor und reflektiert die Bedeutungvon Glaube und Barmherzigkeit in der Begleitung Trauernder.
Zu den aktuellen Entwicklungen in der Schule gehören die neu eingerichteten Klassen für geflüchtete Jugendliche. Tobias Zugmaier, der seit diesem Schuljahr die von der Erzdiözese eigens eingerichtete Projektstelle zur Unterstützung von Religionslehrkräften, die in Klassen mit Geflüchteten unterrichten, inne hat, erläutert das Konzept solcher Klassen an beruflichen Schulen. Wie sich die Schulstiftung beim Globalen Lernen engagiert, darüber berichtet Manuel Barale, und Eva-Maria Spiegelhalter setzt zu Social Freezing einen unterrichtspraktischen Impuls.
Auch in dieser Ausgabe informieren wir Sie über geeignete Medien zum Schwerpunktthema und über Wissenswertes aus unserem Haus.