Der Anerkennungskonflikt bei den drei Geschlechtern der Binnizá
eine ethnopsychoanalytische Studie
Stefanie Graul
Bei den Binnizá, den isthmischen Zapoteken, handelt es sich um ein indigenes Volk im Süden Mexikos mit drei sozialen Geschlechtern – Frauen, Muxe’ und Männern. Sie sind eine moderne, urbane Kultur, die ihre eigenen auffallenden Traditionen bewahrt hat, was eine Reihe mythisierender Vorurteile generiert. Die Autorin dekonstruiert daher zunächst Genese und Funktion des Matriarchatsmythos. Dann geht sie auf die lebensgeschichtliche Entwicklung der spannungsreichen Beziehungen dieser drei Geschlechter anhand psychoanalytischer Intersubjektivitätstheorie ein. Das spezifische frühkindliche und ödipale Setting sowie eine informelle Initiation in der Adoleszenz, wie der Rapto – die manuelle Defloration der Braut – oder die sexuelle Initiation der Jungen durch Muxe’, werden erläutert. Denn neben Frauen und Männern bestimmen die Muxe’, effeminierte Männer, den sozialen Alltag; durch ihre Allianz mit den Müttern und erotischen Beziehungen zu den Männern beruhigen und befeuern sie die konfliktiven heterosexuellen Beziehungen der Binnizá zugleich. Ihre traditionelle Rolle sowie die hybridisierenden, durch westliche Gay-Bewegungen und Massenmedien ausgelösten Veränderungen werden in Folge dargestellt. Weiter wird die legendäre Figur des Taganero, der kulturelle Topos der weiblichen Verräterin, das erwachsene Beziehungsgeschehen sowie die opulente Festkultur einschließlich der handbestickten Tracht der Binnizá behandelt.