Der Begriff Einzelhaft
W D Huber
Schon das Etikett Einzelhaft ist verräterisch genug. Haft ist Beziehung, Verhältnis, Vertrag, also eben nicht Sache des Einzelnen, soweit er ungebrochen Subjekt des Bruchs bleibt. Sondern Sache derer, die materiell und ideologisch am Fortbestehen dieser Einrichtung mitwirken, und der Einzelne, prototypisch derjenige, der in Einzelhaft ist, objektiv Ding, fensterlose Monade, ist durch eben dieses Merkmal der Verdinglichung, sogar einzig dadurch, von nichts und niemandem getrennt. Er kann sich folglich gegen das, was sich als „Gemeinschaft“ aufdrängt, durch und durch geht, muß das heißen, auf Dauer nur durch äußerst negativistisches Verhalten abgrenzen, negativistischer als „schizophren“ sozusagen, weil selektiv negativistisch. Kontakte zu Mitgefangenen, soweit von dergleichen überhaupt die Rede sein kann (dank der „Gemeinschaft“), nämlich wertet und sanktioniert der Apparat als „Ausschluß aus der Gemeinschaft“, auch zwischen politisch Unverdächtigen, andernfalls natürlich ausdrücklich als „Konspiration“ und versucht diesen Zusammenhang mit allen Mitteln und Schikanen zu zerschlagen. Gut Freund mit jedem Gefangenen zu sein, ist, im Interesse dieses experimentellen Negativismus, aus der Perspektive der Einzelhaft also mindestens so wichtig, als aktiver Boykott und Sabotage jeder Art des sich Vertragens und der Verarztung.