Der Frankfurter Schriftstellerkongress im Jahre 1948
Waltraud Wende
Eingebettet in die Frankfurter Jahrhundertfeierlichkeiten anlässlich der Erinnerung an die Revolution von 1848/49 fand vom 18. bis 21. Mai der «Zweite deutsche Nachkriegsschriftstellerkongress» statt, wobei die Zählung auf eine Kontinuität verweist, die de facto so nicht gegeben war. War der im Oktober 1947 im Ostsektor Berlins tagende erste gesamtdeutsche Schriftstellerkongress nach dem Zweiten Weltkrieg dadurch charakterisiert, dass sich Schriftsteller und Publizisten aus allen vier Besatzungszonen in der ehemaligen deutschen Reichshauptstadt trafen, um unter dem Vorzeichen des «Kalten Krieges» der sich abzeichnenden Tendenz der deutschen Spaltung entgegenzuwirken und über die Aufgaben einer neuen gesamtdeutschen Literatur zu diskutieren, so zeichnet sich der sieben Monate später in Frankfurt am Main stattfindende Schriftstellerkongress dadurch aus, dass die Vertreter der sowjetischen Besatzungszone fehlten. Ein Hauptthema der Frankfurter Autorentagung war wiederum die Diskussion um die Funktion und die Bedeutung gesellschaftlich engagierter Literatur. Doch jetzt überwog die Ansicht, dass der Schriftsteller zwar als «Humanist» gesellschaftliche Verantwortung trage, nicht aber politisch Stellung beziehen dürfe.