Der gescheiterte Nationalstaat
Die Interdependenz von Nations- und Geschichtsverständnis im politischen Bedingungsgefüge der DDR
Klaus Erdmann
Die DDR sollte in den Augen ihrer Staats- und Parteiführung der deutsche Staat der Zukunft sein. Dieser Anspruch wurde der herrschenden Ideologie zufolge weniger aus der politischen Realität als aus dem geschichtlichen Selbstverständnis abgeleitet. Doch wie war ein nationales Geschichtsbild der DDR zu konstruieren, das einerseits den gesamtdeutschen Wurzeln des Staates Rechnung trug und andererseits die notwendige Abgrenzung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland im Bewußtsein seiner Bürger schuf? In einer ideologiekritischen Vorgehensweise werden die Bemühungen der DDR-Führung, das Spannungsverhältnis zwischen nationaler Identität und Geschichtsverständnis den jeweiligen politischen Erfordernissen anzupassen, untersucht. Es gelang der DDR-Führung zu keinem Zeitpunkt, nationale und historische Bestrebungen zur Deckung zu bringen. Das Scheitern des Projektes «Nationalstaat DDR» reflektiert sich im Spannungsverhältnis von Nations- und Geschichtsverständnis.