Der Sohn des Hauptmanns
Roman
Nedim Gürsel
Ein alter, ehemaliger Journalist in Istanbul, der bereits die Nähe des Todes spürt, vertraut einem Tonbandgerät seine Lebensgeschichte an. Er denkt zurück an seine Kindheit in einer Garnisonsstadt in der türkischen Provinz, an die Großmutter, an den unnahbaren Vater, der als Mitglied des Militärs am Putsch von 1960 beteiligt war. Der alte Mann erzählt mal sehr direkt, mal bitter in seinen Erinnerungen schwelgend von den Jahren in einem Internat in Istanbul, den derben Scherzen der Mitschüler und den ersten sexuellen Erfahrungen. Er hört die Stimme des Vaters, hat den Geschmack seiner geliebten »Lebensbonbons« auf der Zunge und kehrt immer wieder zu einer Person zurück, die er mit zunehmendem Alter mehr vermisst denn als kleiner Junge: seine Mutter, die als junge Frau starb. Ist sie, die so sehr unter der Gefühlskälte und Härte des Vaters litt, der Grund dafür, dass er zeit seines Lebens alles Autoritäre ablehnte?
Als alter Mann begreift er immer mehr, wie sehr seine Kindheit und Jugend sein Leben bestimmt haben: die Mutter und ihr Tod, der ihm stets fremd bleibende Vater und dessen politische Ansichten, seine Einstellung zur Welt und zur Politik.