Der «Tesoro» (1611) als Schlüssel zu Norm und Usus des ausgehenden 16. Jahrhunderts
Untersuchungen zum sprachhistorischen, lexikographischen und grammatikographischen Informationspotential des ersten einsprachigen spanischen Wörterbuchs- Teil 1 und 2
Éva Feig
Auch nach 400 Jahren hat der (1611) von Sebastián de Covarrubias nichts von seiner zentralen Bedeutung für die Erforschung der spanischen Sprache verloren. So kann die Arbeit auf der Grundlage einer selektiv-exhaustiven Analyse der ersten zwei Drittel des Wörterbuchs sowie ausgewählter Lemmata (e.g. mit den Anfangsbuchstaben (= , , und ) erstmals einen kompletten ätiologischen Ansatz entwickeln, der sowohl die Umgestaltung des mittelspanischen Lautsystems zur Aussprache des Neuspanischen auf dem Gebiet der S-Laute als auch die Aussprachedifferenzierung zwischen dem atlantischen Spanisch (Westandalusien, Kanarische Inseln, Lateinamerika) und dem peninsulär-europäischen Spanisch schlüssig zu erklären vermag. Hinsichtlich Markierung und Evaluierung des präsentierten Sprachmaterials kann die Überarbeitung der Bedeutungsprofile von Markern wie «korrumpiert», oder «volksprachlich, gemeinsprachlich, umgangssprachlich, vulgär» eine Revision der in der bisherigen Sekundärliteratur verbreiteten, häufig zu sehr vereinfachenden Lesarten leisten und eine Reihe von Interpretationstopoi ausräumen (e.g. Arabismenfeindlichkeit, Zurückweisung der Volkssprache gegenüber dem Latein etc.). Kognitive Ansätze zu textgrammatischen (Partikelforschung, Schwammwörter, etc.) und pragmatischen (Höflichkeit, performative Sprechakte) sowie wortbildungstechnischen Beobachtungen runden daneben auf dem Gebiet der Konzeptgeschichte unser Wissen zum Erkenntniswert des (1611) ab, so daß die Quellenart Wörterbuch auch für künftige sprachgeschichtliche Forschungen imperativ bleiben wird.