Der Wahrheitsbegriff bei Descartes und Malebranche
Rainer Mittmann
René Descartes‘ Meditationen und sein cogito-Argument sind jedem philosophisch inte-ressierten Leser geläufig. Weniger beachtet wird, wie der große Neuerer abendländischer Philosophie sein unerschütterliches Erkenntnisfundament des eigenen Ichs zum Aus-gangspunkt nimmt, um die aus der Scholastik überkommene metaphysische Philosophie um eine wesentliche Disziplin zu bereichern. Als Vater der modernen Epistemologie nimmt er die im Allgemeinen Kant zugeschriebene epistemische Wende bereits vorweg.
Nicht das „Was“ in der Objekterkenntnis steht im Vordergrund, sondern das „Wie“. Nur weil der göttliche Wahrheitsgarant uns mit angeborenen Ideen ausgestattet hat, ist es uns möglich, in Begriffen zu denken und Wahrheit zu erkennen.
Nicolas Malebranche nimmt als einer der ersten bekennenden Cartesianer begeistert Des-cartes‘ Positionen auf und denkt sie weiter. In der Gegenüberstellung metaphysischer Grundpositionen ergeben sich, ausgehend von gemeinsamen ontologischen und epistemi-schen Grundpositionen, erhebliche Unterschiede in der Frage nach der Existenz der Welt und im Zugang zum Wahrheitsbegriff.
Besondere Bedeutung nimmt Descartes‘ Doktrin der ‚ewigen Wahrheiten‘ ein. Er stellt hier einen von Gott eingerichteten Rahmen notwendig wahrer Ideen vor, der uns auf rati-onalistischer Basis Wissenschaft betreiben lässt, ohne für unsere Erkenntnisfähigkeit Wahrheit im absoluten Sinn verlangen zu müssen.
■ Die erste deutschsprachige Monographie über Descartes und Malebranche