Die Darstellung von Kindheit und Adoleszenz bei Henry James
Ursula Schaefer
Henry James (1843-1916) gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der Bildungstradition Neuenglands. Diese Studie geht den sich wandelnden Aspekten von Kindheit und Adoleszenz in James’ Œuvre von der frühen Kurzprosa bis zu dem Roman (1897) nach. Erscheinen Kinder in seiner frühen Schaffensperiode als bloße Statisten des Geschehens, so rücken sie nach und nach ins Zentrum von Figurenkonstellationen und Handlung. Dem Seelenleben und Erleben von Kindern und Jugendlichen wird nun eine Bedeutung beigemessen, die mit Henry James’ tiefer philosophischer Überzeugung verknüpft ist und die die geistige Nähe zu seinem Bruder William James, dem Begründer des amerikanischen Pragmatismus, zeigt. Dadurch ist die Darstellung von Kindheit und Adoleszenz ein Schlüssel zum Verständnis des Jamesschen Gesamtwerkes, seines eigenen Erlebens und eine Antwort auf die Frage nach der Begründung eines Wirklichkeitskonzeptes. Einem wachsenden Sinnverlust, sozialer Fragmentierung und Anonymisierung stellt James die sinnstiftende Kraft der Idee von Kindheit und Adoleszenz gegenüber. Dadurch erscheinen seine Charaktere in einem neuen, modernen Licht, in dem Aspekte beleuchtet werden, die bis heute die Erziehungsdebatte und Entwicklungspsychologie maßgebend bestimmen.