Die Dialektik des Geheimnisses
Grazyna Kwiecinska
Was mag «Dialektik des Geheimnisses» heißen? Geheimnisse können enthüllt werden, wenn auch nicht immer mit Erfolg, und es gibt offene Geheimnisse, von denen nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wird. Doch es gibt auch Geheimnisse, die es bleiben und über die man nur Vermutungen anstellen kann, zumal auf den Spuren der hermetischen Literatur. Es ist eine Hermetik, die sich nicht in gewöhnlicher Kommunikationsverweigerung erschöpft, sondern – mit Adorno gesprochen – dialektisch verfasst ist: Ihr Schweigen soll als ein Zeichen, als eine öffentliche Bekundung im weitesten Sinne verstanden werden. Der Betrachtungszeitraum dieses Bandes beginnt im 18. Jahrhundert mit Hamann, Goethe und Novalis. Von dort aus wird ein Bogen ins 21. Jahrhundert geschlagen, bis hin zu Yoko Tawadas Celan-Übersetzung und der Holocaustliteratur der dritten Generation. Das behandelte Textfeld umfasst über die klassische Sphäre hinaus auch politische Programme und kulturphilosophische Entwürfe. Dementsprechend reicht die Bandbreite der verwendeten Methodologien von Ideen- und Diskursgeschichte bis hin zur Textrhetorik, Intertextualität und Intermedialität.