Die Fremdbestimmten
Franco Biondi
Zum ersten Mal wird hier Franco Biondis Novelle Die Fremdbestimmten veröffentlicht. Sie entstand in einer Phase der ästhetischen Neuorientierung nicht nur des Autors, sondern der ‚Literatur der Migrant*innen‘ in der Bundesrepublik Deutschland um 1990. Biondi hat sie mehrmals, zuletzt 2018 überarbeitet. Sie will als ein innerer Dialog des Autors mit seinen Figuren gelesen werden – der Selbstmordkandidatin Elektra, dem Telefonseelsorger Cocis, dem Schriftsteller Franco Biondi, der eine solche Novelle schreiben will. Im Mit- und Gegeneinander ihrer Stimmen entfaltet sich eine Handlung, in der „Heiteres und Bitteres“ vereint sind, ein ‚Check up‘ jener ‚Fremde‘ in unserer Gesellschaft, die jeden betrifft.
Franco Biondi, Jahrgang 1947, geboren in Forli (Italien), wuchs als Schaustellerkind in Nord- und Mittelitalien auf. Mit einer Ausbildung als Schlosser und Elektroschweißer kam er 1965 als ‚Gastarbeiter‘ ins Rhein-Main-Gebiet. Nach dem berufsbegleitenden Abitur studierte er von 1976 bis 1982 Psychologie an der Universität Frankfurt/Main. Von 1984 bis 2011 war er in verschiedenen Funktionen in der psychosozialen Arbeit in Hanau und Offenbach tätig. – Biondi gehörte zu den ersten Autoren in den 1970er Jahren, die von der Sprache ihrer Herkunft in die Literatursprache Deutsch wechselten; der Titel seines ersten deutschsprachigen Buches, des Lyrikbandes Nicht nur gastarbeiterdeutsch (1979) ist Programm. Den eigenständigen ästhetischen Anspruch lösen die Texte des Erzählbandes Passavantis Rückkehr (1980) ebenso ein wie der erste Roman Die Unversöhnlichen (1991), der zugleich für Biondis Erprobung neuer Stoffe und Schreibstrategien einsteht. Und von Beginn an prägen seine Essays die Entwicklung eines ‚migrantischen Schreibens‘ in der deutschsprachigen Literatur unserer Zeit.