Die Karibik zwischen enracinement und errance
Neobarocke Identitätsentwürfe bei Édouard Glissant und Patrick Chamoiseau
Bastienne Schulz
Kreolisierung, Rhizomatik und Fraktalisierung – dies sind Konzepte und Metaphern für eine kulturelle antillanische Identität zwischen enracinement, dem Bedürfnis nach Verwurzelung, und seiner Gegenbewegung errance als Gefühl der Entwurzelung; ein Spannungsverhältnis, aus dem sich eine identitäre Suche ergibt.
Formulieren Édouard Glissant und Patrick Chamoiseau die kulturelle Identität mit diesen Metaphern zunächst als antillanité oder créolité, öffnen sie um die Jahrtausendwende ihre Ansätze einer mondialité. Dieser Paradigmenwechsel spiegelt sich in ihren Romanen, zunächst erzählt in kubanischer Tradition der neobarocken Widerstandspoetik. Mit einer aktualisierten écriture néobaroque nomade liefern die Autoren Entwürfe einer multipolaren Identität im Zeitalter von Globalisierung und Vernetzung.
Wie binden sie neue Realitäten ein, ohne den Blick für die Diskontinuität von Gedächtnis, Identität und Geschichte der Karibik zu verlieren? Mit dem ‚nomadischen‘ Neobarock wird die antillanische Literatur in ihrer Bewegung zwischen enracinement und errance und Aktualität beschrieben.