Die Logik des Unendlichen. Rechtfertigungsversuche des tertium non datur in der Theorie des mathematischen Kontinuums
Johannes Emrich
Im Grundlagenstreit der Mathematik geht es um die Frage, ob
gewisse in der modernen Mathematik gängige
Beweismethoden zulässig sind oder nicht. Der Verlauf der
Debatte — von den 1920er Jahren bis heute — zeigt, dass die
Argumente auf verschiedenen Ebenen gelagert sind: die der
meist konstruktivistisch eingestellten Kritiker sind
erkenntnistheoretischer oder logischer Natur, die der
Verteidiger ontologisch oder pragmatisch. Die Einschätzung
liegt nahe, der Streit sei gar nicht beizulegen, es handele sich
um grundlegend unterschiedliche Auffassungen von
Mathematik. Angesichts der immer wieder auftretenden
Erfahrung ihrer Unverträglichkeit wäre es aber praktisch wie
philosophisch unbefriedigend, schlicht zur Toleranz
aufzurufen. Streiten heißt nach Einigung streben. In der
Philosophie manifestiert sich dieses Streben in der
Überzeugung einer objektiven Einheit oder Einheitlichkeit,
insbesondere geistiger Sphären. Im Sinne dieser Überzeugung
unternimmt die vorliegende Arbeit einen Vermittlungsversuch,
der sich auf den logischen Kern der Debatte konzentriert.