Die Macht der Darstellung
Gender, sozialer Status, historiographische Re-Präsentation: Zwei Frauenbiographien aus der frühen Abbasidenzeit
Nicola Lauré al-Samarai
Ulayya bint al-Mahdi (160 bis 210/777 bis 825), jüngere Schwester des Kalifen Harun ar-Raschid und Arib (181 bis 277/797 bis 890), eine zunächst versklavte, später freigelassene Frau, waren bedeutende Vertreterinnen der Musik- und Dichtkunst am Hof der frühen Abbasiden. Ihre biographischen Erwähnungen im Kitab al-Agani von Abu l-Farag al-Isfahani – eine der wichigsten kulturhistorischen Quellen des zehnten Jahrhunderts – bilden die Grundlage für die vorliegenden Studie. In einer auf postkolonialen feministischen und literaturkritischen Ansätzen basierenden Lektüre untersucht die Autorin, warum und wie Frauen Eingang in die androzentrische Geschichtsschreibung des islamischen Mittelalters fanden und was mit ihren Lebensgeschichten in den Texten einer machtvollen Darstellung geschah. Sie lokalisiert die engen Verbindungen von Gender, sozialem Status und historiographischer Re-Präsentation, um muslimische Frauen früher Epochen als historische Akteurinnen anzuerkennen, deren bislang kaum bekannten Beiträge und spezifisches Wissen nicht nur ein integraler Bestandteil der islamischen Geschichte, sondern grundlegend für feministische Diskussionen der Gegenwart sind.