Die österreichische Finanzverwaltung und die Restitution entzogener Vermögen 1945 bis 1960
Peter Böhmer, Ronald Faber
Das Buch bietet eine vertiefte Darstellung der Institutionen der österreichischen Finanzverwaltung und ihrer Funktion und Bedeutung bei der Rückstellung von zwischen 1938 und 1945 entzogenem Vermögen. Untersucht werden die Verfahren bei den Finanzlandesdirektionen, die für den Vollzug der ersten beiden Rückstellungsgesetze zuständig war. Den weiteren Institutionen – dem Bundesministerien für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung und für Finanzen sowie der Finanzprokuratur – kommt im Rückstellungswesen eine zentrale Rolle in mehreren Funktionen zu.
Die Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland die die meisten Fälle zu bearbeiten hatte war personell unterbesetzt und die Struktur der Dienstelle war für die Durchführung der Verfahren ungeeignet. Alle Behörden zeigten sich über die hohe Zahl der Rückstellungsanträge überrascht und schätzten zunächst das Ausmaß der Vermögensentziehungen völlig falsch ein. Generell kommen die Wissenschafter zu dem Schluss, dass, wie die Akten zeigen, die Finanzlandesdirektion Wien den jüdischen Rückstellungswerbern mit Misstrauen begegnete.
Die Rückstellungsvergleiche der Finanzprokuratur, die als Vertreterin der Republik aber auch als Partei agierte, werden an Hand von Fallbeispielen behandelt. Die Finanzprokuratur führte in manchen Fällen die Rückstellungsverhandlungen mit voller Härte, selbst dann, wenn alles gegen die Republik sprach, und setzte als Druckmittel oft den langen Atem des Staates gegen die Opfer ein. Es gab keinerlei Diskussion darüber, dass öffentliches Interesse auch anders – im Sinne der Rückstellungswerber – hätte interpretiert werden können.