Die Phantome des Ingenieur Berdach
Medienkritik und Dichtung
Claudia Geringer, Ernst Strouhal
Als Fake News noch kein Begriff war …
Im Februar 1908 berichtete ein Ingenieur Berdach aus der Wiener Glockengasse in einem Leserbrief an die Neue Freie Presse über seine jüngsten Erdbebenbeobachtungen und blamierte die Redaktion, als sich der Bericht als purer Unsinn entpuppte, bis auf die Knochen. Hinter der Maske des Ingenieur Berdach verbarg sich Karl Kraus.
Die Methode hat viele Nachfolger gefunden, Berdachs Erbe reicht von Walter Benjamin und Gershom Scholem bis zur Künstlerinnengruppe „Die Damen“, vom deutschen Schriftsteller Wolfgang Hildesheimer („Marbot“) bis zum amerikanischen Meisterhoaxer Alan Abel. Das Spiel wird in vielen Varianten gespielt, das Ziel, die satirische Unterwanderung eines Mediums und seiner Autorität, bleibt allerdings gleich.
In ihrem materialreichen und pointierten Essay skizzieren Claudia Geringer und Ernst Strouhal erstmals die Geschichte und Gegenwart der medienkritischen Dichtung.