Die Purpurinsel
Michail Bulgakow, Bernd Poßner
Michail Bulgakow (1891 – 1940) ist den deutschen Lesern vor allem durch seinen Roman „Der Meister und Margarita“, einem der wichtigsten Werke der Sowjetliteratur der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts bekannt geworden. Aber auch mit seinen Dramen hat Bulgakow ein umfangreiches Werk hinterlassen. Sie wurden in den zwanziger und dreißiger Jahren an Moskauer Theatern und anderen in Russland aufgeführt und verboten. Das Moskauer Kammer-Theater hatte Bulgakow um ein Stück gebeten und so entstand „Die Purpurinsel“, eine satirische Allegorie auf den sozialistischen Staat. Mit dem Handlungsrahmen eines Prologs und eines Epilogs gelingt ihm auch die zeitgenössische Theaterkultur der Sowjetunion darzustellen, in der ein Werk nur genehmigt und aufgeführt werden darf, wenn es die allmächtige Zensur passiert hat.
In der „Purpurinsel“ ist eine exotische Insel der Schauplatz. Das Land wird von „weißen Mohren“ beherrscht, die das gemeine Volk, die „roten“ Eingeborenen unterdrücken. Der metaphorische Vergleich zur jüngsten Vergangenheit jener Jahre wird sofort mit den Begriffen „weiß“ und „rot“ und mit dem Ausbruch eines Vulkans als Bild für die russische Oktoberevolution 1917 hergestellt. Die europäischen Matrosen und Kaufleute, die gekommen sind, die Eingeborenen kolonialistisch auszubeuten, stehen für die Interventen der Bürgerkriegsjahre, der Aufstand der roten Eingeborenen jagt die Fremden und die weißen Mohren davon. In nationaler Eintracht erschaffen die siegreichen Roten mit den aus der Emigration zurückgekehrten Weißen ein blühendes Land. Das Stück wurde am 11. Dezember 1928 im Kammer-Theater uraufgeführt und gehört zu den wenigen Stücken Bulgakows, deren Aufführung er selbst erlebte. Die Rezeption war allerdings geringer, als die seines Stückes „Die Tage der Turbins“, das sogar die Bewunderung Stalins erregt hatte. 1929 wurde „Die Purpurinsel“ in der Sowjetunion verboten. Ein Schicksal, das viele seiner Stücke ereilte.