Die Religionen des alten Amerika
Walter Krickeberg, Werner Mueller, Hermann Trimborn, Otto Zerries
Noch heute spüren wir beim Anblick der Tempel und Pyramiden der Azteken und Inkas etwas von dem Staunen, das die spanischen Eroberer im 16. Jahrhundert empfanden. Vier Gelehrte, die sich durch zahlreiche Veröffentlichungen als hervorragende Kenner ihres Gebietes ausweisen, vermitteln in diesem Band ein Bild der Religionen der Hochkulturvölker und Naturvölker des alten Amerika. Vor dem Leser entrollt sich das faszinierende Schauspiel, unmittelbar neben hochzivilisierten Frömmigkeitsformen auch sogenannte „primitive“ Empfindungswelten zu sehen; und dies in einem Raum, der bis an die Schwelle der Neuzeit sich unabhängig von der übrigen Menschheit entwickeln konnte. Professor Krickeberg behandelt die Mexikaner und die Maya, Professor Trimborn die Altperuaner und Inka, Dr. Müller die nordamerikanischen und Dr. Zerries die südamerikanischen Naturvölker. Die Beiden erstgenannten Beiträge – getragen von einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Thema – führen eindringlich in jene rätselhaften Kulturen ein, deren Gedankenwelten dem Verständnis der Heutigen weiter und ferner gerückt sind denn je. Man erfährt, welche jahrtausendalte Geschichte hinter den Tempeln und Pyramiden lag, wie hier Schicht auf Schicht folgte, lange bevor die Azteken und Inka ihre großen Reiche schufen. Und alle diese Völker, die nicht viel mehr hinterließen als archäologische Relikte, bauten, malten und meißelten im Aufblick zu ihren Göttern. Die Reste dieser irdischen Existenzen verraten deutlich die religiöse Steuerung, die alle Gedanken gefangen nahm.
Die Abhandlungen über die Naturvölker leiten den Leser nicht in zeitliche Tiefe – Jäger, Sammler und niedere Hackbauern lieferten selten etwas für die Archäologie – sondern in die Breite. Die Religionen der amerikanischen Urvölker erscheinen hier in einem sehr reich gegliederten Gesamtüberblick. Da bisher die „Primitiven“ in Generaldarstellungen fast immer als eine amorphe Masse von Tetemisten und Animisten abgetan werden, so beiden diese Beiträge etwas grundsätzlich Neues. Statt einer gleichförmigen „primitiven“ Frömmigkeit eröffnet sich eine Vielfalt von religiösen Landschaften, ungeahnt in der Fülle ihrer Typologien. Es gibt fast keinen religiösen Gedanken auf Erden, der nicht in Amerika schon vorgedacht wäre. So wendet sich dieser Band vom Schema des Begriffes zur bunten Mannigfaltigkeit des Lebens und vermittelt ein erheblich anderes Bild vom Indianer, als es zumeist durch unsere Vorstellungen geistert.